Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen von Carl Tillessen

eBook-Cover von Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Aktualisiert am 27. Juli 2022 von Antje Tomfohrde

Hier eine Duftkerze, dort ein kleines Geschenk (weil „nur“ das eigentliche Geschenk könnte ja zu langweilig sein), die Flip-Flops oder das Strandkleid, die gleich am Urlaubsort gelassen werden – wir kaufen so viele Dinge und wissen beim Kauf schon, dass sie gar nicht lange genutzt werden oder gar nicht nötig sind. Warum kaufen wir, was wir nicht brauchen und warum ändern wir es nicht einfach?

Wovon handelt das Buch?

Die Inhaltsangabe ist schon im Titel „Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen“ enthalten. Carl Tillessen zeigt auf, wie sich unser Konsum in den letzten zwei Generationen entwickelt hat. Er erklärt, wie es passieren konnte, dass wir von Menschen, die noch Verbraucher:innen im wahrsten Sinne des Wortes waren, zu Konsument:innen geworden sind. Einen ganz wichtigen Punkt macht er gleich am Anfang klar: es geht nicht um eine undefinierte Masse, die gerne mit „man“ tituliert wird, wenn über die Menschen, die zu viel kaufen gesprochen wird, er schließt sich mit ein und übernimmt so ganz klar Verantwortung für unseren Überkonsum, er geht also mit gutem Beispiel voran.

Ich für meinen Teil will nicht mehr der Konsument sein, den ich in diesem Buch beschreibe. Ich habe einfach keine Lust mehr, mir aus absurden Gründen absurde Sachen zu kaufen.Carl Tillessen, Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Er geht darauf ein, wie es passieren konnte, dass Kleidung und andere Waren immer günstiger wurden und zu wessen Lasten der günstige und für fast jeden mögliche Konsum in den Industrieländern geht. Er beschreibt die Lohnsituation in Ländern wie z.B. Bangladesh und die Arbeitsbedingungen dort und wie wenig getan wird, um das zu ändern. Auch wenn wir die Lebenshaltungskosten in den Produktionsländern unter denen in den reichen Industrieländern liegen, sind decken die Löhne dort nicht die Lebenshaltungskosten. Dies macht Carl Tillessen auf eindringliche Art und Weise klar.

Früher litten Menschen in anderen Ländern Hunger, weil der Boden, auf dem sie lebten, nicht genug hergab, um sie zu ernähren. Heute hungern Menschen in anderen Ländern, weil wir ihnen für ihre Arbeit keinen existenzsichernden Lohn zahlen.Carl Tillessen, Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Das Aussterben der unabhängigen Multimarkengeschäfte ist genauso Thema wie die Rolle der Markenkonzerne dabei und wie Globalisierung und Digitalisierung diesen Prozess beschleunigen und auch warum jede Einzelne mit ihrer Kaufentscheidung dazu beiträgt. Übermäßiger Konsum ist eine Sucht und die Digitalisierung befeuert dies noch, denn jedes Like auf Social Media gibt Aufmerksamkeit und einen Dopaminkick, einen Zustand, der mit dem der Verliebtheit gleichzusetzen ist. Er erläutert, warum es so ist, dass trotz des Wunsches nach mehr Diversität, Uniformität angesagt ist und es meist auf einen angesagten Look hinausläuft. Hierfür nimmt er die Tatsache, dass es kaum Mädchen und junge Frauen mit kurzen Haaren gibt, sondern lange glatte Haare überwiegen, als Beispiel.

Jedoch haut Carl Tillessen nicht nur auf alles und jeden drauf und beschreibt die negativen Seiten, sondern gibt auch Lösungsvorschläge, wie wir alle da wieder hinauskommen und auch hierfür die Digitalisierung nutzen können.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Das Thema Nachhaltigkeit ist ein Thema, mit dem ich mich schon sehr lange beschäftige und über das ich viel lese und versuche, immer mehr umzusetzen. Wie vermutlich vielen, gelingt mir dies nicht in dem Maße, wie ich das gerne möchte und wie es nötig ist. Trotzdem höre ich nicht auf damit, sondern mache weiter und so lief mir irgendwann dieses Buch über den Weg. Zuerst habe ich es als Hörbuch gehört und war gleich sehr angetan über die Art des Autors, dieses Thema darzustellen, so dass ich dieses Buch auch gerne noch einmal „richtig“ lesen wollte, um bestimmte Dinge noch einmal zu vertiefen und „schwarz auf weiß“ zu lesen.

Der Einstieg ist gleich gut gewählt, denn Carl Tillessen macht klar, dass er zu der breiten Masse gehört, die mit „man“ beschrieben wird, wenn darüber geredet wir, dass „man“ immer mehr konsumiert und dass es „wir“ heißen muss. Dies lenkt schon in die richtige Richtung, denn „wir alle“ sind verantwortlich für diesen Überkonsum, für diese schon perverse Kaufen von Dingen, die wir gar nicht brauchen bzw. aufbrauchen und gebrauchen.

Nach diesem Einstieg wird dann erst einmal ein Überblick geliefert, wo wird was zu welchen Bedingungen produziert. Was hat sich wann in den Lieferketten geändert? Warum wurde Bekleidung zu Klamotten? Warum ändern wir so wenig, wo wir doch wissen, wie schlecht es den Menschen in den Produktionsländern geht? Welche Rolle spielen die Globalisierung und die Digitalisierung? Welchen Einfluss hat Social Media auf uns? Warum hören wir nicht auf zu kaufen bzw. warum ändern wir es nicht, auch wenn wir all dies schon wissen?

Unsere Hausstände verfetten, und trotzdem shoppen wir weiter bis zum Besitzinfarkt. Unser Konsum hat keine natürliche Fressbremse.Carl Tillessen, Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Dieses Zitat beschreibt es nur zu gut. Die meisten von uns werden in den letzten letzten 12 Monaten von März 2020 bis März 2021 ausgemistet haben und sich gewundert haben, was sich da alles so angesammelt und ob wir das wirklich brauchen. Natürlich brauchen wir all dies nicht und wir nehmen uns vor oder haben uns vorgenommen, damit aufzuhören. Und dann stellen wir fest, dass dies nicht so einfach ist, wie wir es uns vorstellen. Zum einen liegt das Horten für schlechte Zeiten in unserem Naturell und wir kaufen uns „glücklich“, zumindest solange, bis wir mit einem Kater aus dem Kaufrausch aufwachen. Denn es gibt uns ein gutes Gefühl, vor allem, wenn es dann noch viele Likes auf Social Media für die neuen Schuhe oder das coole Wohnaccessoire gibt.

Carl Tillessen könnte es uns allen jetzt ganz einfach machen und Social Media die Schuld daran geben, dass unser Konsum immer mehr wird und wir aus diesem Grunde Kleidung nach circa sechs Monaten aussortieren bzw. sogenannte Monatskollektionen bei Fast Fashion Anbietern immer beliebter werden. Das tut er aber nicht und das ist gut so. Auf der einen Seite ist es so, dass die Likes und Followerzahlen uns die gewünschte Aufmerksamkeit geben und die Kombination aus Aufmerksamkeit und Likes für unseren tollen Geschmack uns schmeicheln, gar süchtig machen, aber der Punkt ist, wir sind immer noch selbst dafür verantwortlich, dass wir es geschehen lassen und tief in unserem Inneren wissen wir das auch.

Wir können dieses Verhalten ändern. Dies wird dann noch einmal sehr einleuchtend beschrieben, wie wir dies tun können und das ist das, was mir an dem Buch gut gefällt. Es erklärt zum einen, wie wir dorthin gekommen sind, dass wir im Übermaß konsumieren, um dann aber auch Weg heraus aus dieser sich immer schneller drehenden Konsumspirale zu finden. Tillessen zeigt auf, dass jeder mit kleinen Schritten beginnen kann, weniger zu konsumieren, er vergleicht es mit einer erfolgreichen Abnehmstrategie, nur dass es hier nicht die Punkte sind, die wir zählen, sondern unseren CO2-Ausstoß.

Wir fordern von unserer Regierung, dass sie ihre Klimaziele einhält. Das Gleiche sollten wir auch von uns selbst verlangen. Jeder sollte sich ein individuelles Klimaziel setzen und es auch einhalten.Carl Tillessen, Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen

Er zeigt noch einmal auf, welche Punkte es sind, wo wirklich große Hebel sind (Mobilität, Ernährung und Konsum), um etwas zu verändern und wie wir auch Social Media positiv nutzen können und uns die Aufmerksamkeit und Likes für unser nachhaltiges Verhalten abholen und auch auf diese Art und Weise Missstände aufdecken können und andere zum Mitmachen auffordern.

Das Buch wiederholt vieles bzw. fasst vieles zusammen, was ich schon anderswo gelesen habe, aber es nutzt eine leicht verständliche Sprache, bringt einprägsame Vergleiche und der Autor schließt sich und uns alle ein und erhebt nicht nur den , Zeigefinger, sondern zeigt auf, dass wir es gemeinsam schaffen können, auf das 1,5-Grad-Ziel hinzuarbeiten, auch wenn es nicht leicht ist. Ich kann es wirklich empfehlen.

Lasst gerne einen Kommentar da und erzählt, wie euch das Buch gefallen hat.

Informationen zum Buch
Buchtitel: Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen
Autorin: Carl Tillessen
Verlag: HarperCollins Deutschland
Erschienen: 22.09.2020
ISBN: 978-3-9596-7395-2

Mein Buch ist ein kostenloses Leseexemplar, welches mir von der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland über NetGalley zur Verfügung gestellt wurde. Herzlichen Dank dafür!

Wenn dich auch das Thema Nachhaltigkeit und die Klimakrise bewegt, lege ich dir das Buch „Deutschland 2050“ ans Herz. Es gibt einen Überblick über das Leben im Deutschland im Jahre 2050 in drei verschiedenen Szenarien und erklärt, warum ein sofortiges Handeln zum Klimaschutz notwendig ist.

4 Kommentare

  1. Hi,
    ich habe das Buch auch endlich gelesen, lag eine Weile auf meinen SUB. Deinen Meinung zum Buch finde ich sehr spannend, da es mir nicht so gut gefallen hat. Den Einstieg fand ich noch gut und auch der Schluss ist okay. Aber zwischendurch hatte ich nur den Eindruck er will mit der Digitalisierung, Social Media, den digital natives und der Modeindustrie abrechnen. Auch fehlte mir hier der Bezug zu seiner Einleitung, dass er aus seiner Sicht und seinen Erfahrungen schreibt. Vielmehr war es hier nur noch seine Meinung, die er sich gebildet hat und diese wurde mit pauschalisierten Aussagen untermauert.
    Ich weiß noch nicht, ob ich zu dem Buch eine Rezi schreibe oder nur eine Mini-Zusammenfassung.
    Ich bin schon sehr enttäuscht von dem Buch, ich hatte etwas anderes, hilfreicheres erwartet.

    • Hallo Jenny,
      danke für deinen Kommentar und deine Meinung zum Buch! Als ich das Buch gehört habe, habe ich auch zwischendurch gedacht, warum hackt er so auf Social Media und den Digital Natives herum? Ich persönlich nutze Social Media nicht so und viele andere auch nicht, aber es gibt sehr, sehr viele, die es genauso tun. Dies hat mich zunächst aufgeregt, bis er darauf eingeht, dass die Sozialen Netzwerke so genutzt werden können, um nachhaltiges Verhalten zu verbreiten, wir uns Likes und Kommentare für nachhaltiges Verhalten abholen können bzw. eine Diskussion beginnen können. So kann Social Media dann wieder auf gute Weise genutzt werden, also so, wie es auch meiner Vorstellung von Social Media entspricht. Auch hat es mir noch einmal viel des absurden Verhaltens, dass wir mit unserem Konsum an den Tag legen, vor Augen geführt und oftmals denke ich daran, wenn ich vor einer Kaufentscheidung stehe. Aber das ist ja das Gute, jede*r von uns liest ein Buch anders und nimmt es anders auf und so können gute und anregende Gespräche entstehen.
      Liebe Grüße
      Antje

      • Hi,
        da hast du Recht am Ende hat er die Vorteile von Social Media aufgeführt, gerade für die aktivistischen Themen. Deswegen mochte ich den Schluss auch wieder. Für mich ergibt sich durch diese sehr extremen Sichtweisen ein unrundes Bild. Und lässt mich an dieses Buch eher negativ zurück denken.

        Genau, dafür haben wir unsere Blogs und Bookstagram, um uns über Bücher auszutauschen. Es ist jedes Mal aufs Neue sehr spannend und abwechslungsreich.
        Viele Grüße
        Jenny

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