Der Traum von einem Baum von Maja Lunde

Auf dem Bild ist das Buch "Der Traum von einem Baum" von Maja Lunde auf einer hellen, holzähnlichen Fläche abgebildet. Es ist das Headerbild der Rezension des Buches.

Aktualisiert am 21. April 2024 von Antje Tomfohrde

Klimaquartett Band 4 (übersetzt von Ursel Allenstein)

Mit „Der Traum von einem Baum“ endet das sogenannte Klimaquartett von Maja Lunde. In Spitzbergen gibt es eine Pflanzensamenbank, in der fast alle ursprünglichen Pflanzensamen aufbewahrt werden. Hierauf ruht eine letzte Hoffnung in einer dystopischen Endzeitwelt.

Worum geht es im vierten Band des Klimaquartetts?

„Der Traum von einem Baum“ spielt im Jahr 2110 und bewegt sich im Gegensatz zu den ersten drei Bänden des Klimaquartetts auf einer einzigen Zeitebene.

Maja Lunde lässt Tao, die schon in „Die Geschichte der Bienen“ eine Rolle gespielt hat, Teil einer Expedition aus China sein, die sich nach Spitzbergen aufmacht, um dort eine sagenhafte Kammer zu suchen, die mit allen erdenklichen Pflanzensamen angefüllt sein soll. Diese nicht genetisch manipulierten Pflanzensamen können die letzte Rettung für die Menschheit sein.

In Spitzbergen lebt Tommy mit seinen zwei Brüdern bei seiner Großmutter auf, die eine Art Wächterin der Saatgutkammer ist.

Tommy lebte nicht von Anfang an nur mit seinen Brüdern und seiner Großmutter zusammen, es gab eine größere Gemeinschaft, die dort in Spitzbergen lebte und sich dank eines Gewächshauses gut ernähren konnte in dieser durch den menschgemachten Klimawandel lebensfeindlich gewordenen Welt. Im Laufe der Geschichte erfährt man, was passiert ist und auch welche zwischenmenschlichen Dramen sich abgespielt haben.

Mehr möchte ich jetzt nicht über den Inhalt verraten, denn das würde viel von der Spannung nehmen.

Wie hat mir „Der Traum von einem Baum“ gefallen?

Am Ende von „Die Letzten ihrer Art“ hatte ich schon gehofft, dass Maja Lunde die noch offenen Enden der ersten drei Bände des Klimaquartetts zusammenführt. Dies macht sie in „Der Traum von einem Baum“.

Es beginnt ganz hoffnungsfroh damit, dass ein Baum mit grünen Blättern angespült wird auf Spitzbergen. Doch 13 Jahre später, im Jahr 2110, wird alles anders sein. Maja Lunde erzählt diesen Teil der Geschichte in einer Art Rückblick und erst am Ende wird das ganze persönliche Ausmaß für Tommy, der von seiner Großmutter zum künftigen Wächter der Pflanzensamenkammer ausgewählt wurde, sichtbar.

Maja Lunde bringt zu Ende, was sie begonnen hat und hat mit der Auswahl der Charaktere, die sie hier einbringt, eine gute Wahl getroffen. Tao ist wieder mit von der Partie und auch eine weitere alte Bekannte wird auftauchen, deren Geschichte zu Ende erzählt werden musste. Es gelingt der Autorin gleich zu Beginn einen großen Spannungsbogen aufzubauen, denn mit dem Trick, die Geschichte vom Ende herzuleiten, möchte man natürlich wissen, wie es dazu kommen konnte.

Die Einzelschicksale der Hauptfiguren machen betroffen, sie schaffen eine Verbindung in die Zukunft, das gelingt Maja Lunde sehr, sehr gut.

Die Welt im Jahre 2110 ist keine glückliche oder schöne Welt. Die Menschheit hat es nicht geschafft, die Notbremse zu ziehen und die Erderwärmung so zu begrenzen, dass auch die Folgen noch einigermaßen in den Griff zu bekommen waren. Viele Tier- und Pflanzenarten sind ausgestorben und die Naturgewalten sind unberechenbarer geworden, unglaubliche Trockenheit im Süden und zu viel Wasser im Norden. Infrastrukturen sind zusammengebrochen und es gibt die früheren Länder nicht mehr. Auch ist die Menschheit stark geschrumpft und entwickelt sich zivilisatorisch aufgrund von Ressourcenmangel zurück.

„Alles, was sie einst gehabt hatten, löste sich auf. Tommys Bettzeug war zerschlissen und mehrmals geflickt, die Schuhsohlen mit Gummi von alten Autoreifen repariert, die synthetischen Nylontaue, mit denen sie die Boote am Kai festmachten, zerfransten. Und sie wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die Überreste all dessen, was sie einmal die moderne Welt genannt hatten, vollständig verschwunden wären und sich das Nylon zu winzigen Plastikpartikeln im Meer auflöste; bis das Gummi der Schuhsohlen durchgelaufen und zu Granulat zerbröselt wäre, so wie jenes, von dem sich noch Spuren auf dem Fußballplatz finden ließen; bis die Bettbezüge nur noch Baumwollfäden und alle Glasscheiben in den Häusern zerbrochen wären; bis die Stürme die Windräder von den Dächern gefegt und zerstört hätten; bis die Solarzellen und die Batterien keinen Strom mehr produzierten und speicherten.“

„Der Traum von einem Baum“ von Maja Lunde

Es wirkt so, als ob der Großteil der Menschheit schon aufgegeben hätte, die kleine Gemeinschaft in Spitzbergen hatte eine Zeit der Glückseligkeit, auch wenn dies nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Ein wenig hatte es auch von der Abgeschiedenheit einer Sekte vom Rest der Welt. Tao und der Rest ihre Expeditionsmannschaft erhofft sich einen letzten goldenen Treffer durch das Auffinden der Saatgutbank, um doch noch die Kurve zu bekommen bzw. mit dem Saatgut noch einmal neu anfangen zu können.

„Der Traum von einem Baum“ führt einmal mehr vor Augen, in welche Richtung wir uns als Menschheit bewegen, wenn wir nicht ernsthaft beginnen, etwas zu tun und zwar sofort und nicht erst, wenn Technologie XY erfunden wurde. Maja Lunde hat sich im Klimaquartett nicht etwas einfallen lassen, das erst noch passieren muss, vieles ist schon da. Das Bienensterben, immer länger andauernde Dürren, Überschwemmungen und – Fun Fact – sogar der so absurd klingende Export von Gletschereis zur arabischen Halbinsel ist mittlerweile Wirklichkeit geworden, ein grönländisches Start-up ist dabei, diese total bescheuerte Geschäftsidee umzusetzen.

Eine Botschaft Maja Lundes ist, dass wir mehr auf die Natur hören sollten und uns nicht noch weiter von ihr entfernen dürfen, zumindest nehme ich das so für mich mit aus den vier Bänden des Klimaquartetts.

Mich hat das Buch traurig, melancholisch und ein wenig frustriert zurückgelassen, es gibt wenig Hoffnung, auch wenn noch nicht alles verloren ist am Ende. Maja Lunde hat mit „Der Traum von einem Baum“ einen spannenden, ungeschönten Klimaroman geschrieben, der das Klimaquartett gut abschließt. Auch rechnet sie ab mit denjenigen, die es soweit haben kommen lassen, dass kaum noch Zukunft für die Menschen, die es im Jahr 2110 noch gibt. Taos Wut richtet sich gegen uns und die, die vor uns waren und nichts getan haben.

„Sie haben sich für ihre eigene Zeit entschieden, ihre eigenen paar Jahre, Monate, Wochen, Minuten, anstatt für all die Zeit nach ihnen. Ich würde sie gern bestrafen, sie in die Zukunft werfen, in meine Zeit, ich will, dass sie sehen, was sie angerichtet haben.“

„Der Traum von einem Baum“ von Maja Lunde

Das Buch bekommt ein klare Leseempfehlung von mir, vielleicht kann es ja dazu bewegen, dass ein paar mehr von uns etwas gegen die Klimakrise tun werden, denn es ist leider als sehr realistische Dystopie geschrieben.

Informationen zum Buch
Buchtitel: Der Traum von einem Baum
Autorin: Maja Lunde
Übersetzerin: Ursel Allenstein
Erscheinungsdatum: 20.04.2023
Verlag: btb Verlag
ISBN: 978-3-442-75791-6

PS: Mein Buch ist ein kostenloses Rezensionsexemplar (unbezahlte Werbung), welches vom btb Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Herzlichen Dank hierfür! Ich durfte das Buch für die Klimabuchmesse lesen und habe auch die Veranstaltung mit Maja Lunde auf den Social Media Accounts der Klimabuchmesse damals live in der Instagram Story und auf Twitter begleitet. Die Klimabuchmesse 2023 fand vom 27. bis 29. April 2023 in Leipzig statt.

Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.

Auch die ersten Teile des Klimaquartetts habe ich gelesen, du findest hier auf dem Blog auch meine Leseeindrücke von Band 1 „Die Geschichte der Bienen“, Band 2 „Die Geschichte des Wassers“ und Band 3 „Die Letzten ihrer Art“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert