Aktualisiert am 26. August 2022 von Antje Tomfohrde
Familie, Loslassen und an der Familiengeschichte wachsen – all das sind Themen, mit denen sich die meisten von uns vermutlich irgendwann einmal auseinander setzen, die einen mehr, die anderen weniger. „Der Panzer des Hummers“ ist eine solche Geschichte.
Wovon handelt das Buch?
Caroline Albertine Minors Roman erzählt die Geschichte der drei Geschwister Ea, Niels und Sidsel, die sich jeder auf seine Art mit dem Einfluss, den die Familiengeschichte auf sie hat, auseinandersetzen. Ea lebt in den USA und hat eines Tages das unbändige Bedürfnis, über das Medium Beatrice mit ihrer Mutter Charlotte in Verbindung zu treten und trifft hierbei nicht auf ihre Mutter, sondern auf ihren Vater. Dieses Unerwartete Aufeinandertreffen setzt eine komplizierte Auseinandersetzung mit ihrer Beziehung zu ihren Eltern und besonders zu ihrem Vater in Gang.
Sidsel lebt mit ihrer kleinen Tochter in Dänemark und hat ihr Päckchen an Familiengeschichte zu tragen. Auch für sie war die Beziehung zu ihrem Vater nie ganz leicht und hat große Auswirkungen auf ihr Leben.
Sie hat eine enge Beziehung zu ihrem Bruder Niels, der nie lange an einem Ort bleibt und den es immer wieder auf Reisen zieht. Seine Freiheit ist ihm wichtig und doch hält er den Kontakt zu den einzelnen Familienmitgliedern.
Die Mutter, Charlotte Gabel, war im Gegensatz zu ihrem Mann Troels immer präsent im Leben der drei Geschwister. Sie war der feste Halt, der Mittelpunkt der Familie, der immer wieder von Troels überschattet wurde.
Auch das Medium Beatrice hat eine interessante Lebensgeschichte und denkt nach einer gescheiterten Beziehung noch einmal komplett über all das, was ihr im Leben passiert ist, nach. Sie wird Teil der Geschichte und man erfährt als Leser*in viel über sie und das Scheitern, Wachsen und Loslassen innerhalb der fünf Tage aus dem Leben dieser Menschen, die alle ihr Päckchen zu tragen haben.
Wie hat mir „Der Panzer des Hummers“ gefallen?
Als ich die Inhaltsangabe des Buches gelesen habe, hat es mich gleich angesprochen, denn ich mag solche Familiengeschichten, die sich sehr mit dem Inneren und den Auswirkungen der Familiengeschichte auf die eigene Lebensgeschichte beschäftigen. Und doch viel es mir am Anfang schwer, in die Geschichte hinein zu kommen.
Caroline Albertine Minor beschreibt jeweils eine Person pro Kapitel und springt dann zum nächsten Kapitel und zur nächsten Person. Zusätzlich hat sie noch Kapitel eingebaut, in denen sich die Eltern, Charlotte und Troels, in einer Art Zwischenwelt miteinander auseinandersetzen. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, begann die Geschichte bzw. begannen die Geschichten der einzelnen Protagonisten mich zu bannen, denn ich hatte immer mehr Lust, dieses Buch weiterzulesen, was ja immer ein gutes Zeichen ist.
Es ist ein leises Buch, wie ich sie mag, das sich sehr mit dem beschäftigt, was im Inneren der Personen und hier auch im Inneren der Familie Gabel passiert. Welches Ereignis und welches Verhalten hat wen von den Geschwistern auf seine ganz besondere Art geprägt und hat Auswirkungen auf sie als Erwachsene? Inwieweit hat der Vater durch seine häufige Abwesenheit, die auch da war, auch wenn er real vor Ort war, die Familie beeinflusst? Wie hat die Mutter gewirkt und wie war ihre Paarbeziehung?
Diese Fragen beantwortet „Der Panzer des Hummers“ auf ganz subtile Art und es beschreibt auch, wie viel Zuneigung es trotz vieler Verletzungen in dieser Familie gibt. Es beschreibt, wie schwer es ist, den eigenen Weg zu finden und bestimmte Dinge loszulassen, um daran zu wachsen. Und dies ist etwas, mit dem sich nicht nur die Personen im Buch beschäftigen. Dies kennen höchstwahrscheinlich die meisten von uns.
All dies gelingt der Autorin und sie hat eine ganz besondere Art sich auszudrücken, so dass es bei mir auch mal wieder das ist, was den Ausschlag gibt, sich näher mit dem Buch zu beschäftigen. Es ist eines dieser Bücher, das einen erst langsam in die Geschichte bringt und dann immer tiefer hineinsaugt.
Es ist keine Actiongeschichte, eher eine leise Reise zum inneren Wachstum.
Wie hat dir das Buch gefallen? Lass mir gerne deinen Eindruck zum Buch in einem Kommentar hier.
Autorin: Caroline Albertine Minor
Übersetzerin: Ursel Allenstein
Verlag: Diogenes Verlag
Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-257-07178-8
Mein eBook ist ein kostenloses Rezensionsexemplar, welches mir vom Diogenes Verlag über NetGalley zur Verfügung gestellt wurde. Herzlichen Dank hierfür!
Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekomme oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
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