Aktualisiert am 26. Dezember 2022 von Antje Tomfohrde
Wo kommt diese unglaubliche Wut her, die Alex immer wieder überkommt? Nach einem Streit mit seiner Frau, ist ihm endgültig klar, dass er etwas dagegen tun muss, dass er herausfinden muss, wo diese Wut herkommt, bevor sie etwas für immer kaputt macht.
Wovon handelt das Buch?
„Ich weiß nicht, wie oft ich das noch ertragen kann.“ – Mit diesem Buch beginnt Alex Schulmann seinen Roman. Dieser Satz wird alles verändern, er bringt den Stein ins Rollen, der ihn auf die Suche nach den Ursprüngen seiner immer wieder aufkeimenden Wut gehen lässt.
Die Suche führt ihn zu seiner Familie, zu der Familiengeschichte der Familie seiner Mutter, der Geschichte seiner Großeltern. Er vermutet, dass sein Großvater Sven Stolpe die Quelle seiner Wut ist. Sven Stolpe war Schriftsteller und Alex stellt im Laufe seiner Recherchen fest, dass in der Vergangenheit etwas passiert sein muss, dass die Beziehung seiner Großeltern und seinen Großvater hat anders werden lassen.
Er liest sich durch das Archiv seines Großvaters in der Königlichen Bibliothek und erinnert sich an seine Kindheit, in der er einmal pro Monat ein Wochenende bei seinen Großeltern verbrachte. In den Büchern gibt es ein großes, immer wiederkehrendes Thema und er findet im Laufe der Zeit heraus, dass seine Großmutter während der Ehe mit seinem Großvater eine Liebesbeziehung mit einem anderen Mann gehabt haben muss. Eine Liebe, die das Leben dreier Menschen veränderte und bis in die heutige Zeit Einfluss auf die Familie nimmt.
Wie hat mir „Verbrenn all meine Briefe“ gefallen?
Jetzt, während ich diese Rezension schreibe, blättere ich durch das Buch und bleibe an Sätzen hängen und lese einige Seiten einfach noch einmal. „Verbrenn all meine Briefe“ ist – wie auch „Die Überlebenden“ – ein allein sprachlich besonderes Buch. Alex Schulman hat eine Art, mit wenigen, klaren Worten Situationen und Gefühle zu beschreiben, dass sie beim Lesen bis in Mark gehen.
Er erzählt zwei Geschichten oder vielleicht sogar drei, seine Suche nach der Quelle seiner Wut, die Geschichte seiner Großmutter und die Geschichte seines Großvaters. Er rekonstruiert vieles aufgrund der Bücher von Sven Stolpe und Olof Lagercrantz, der der Mann war, mit dem seine Großmutter Karin eine Liebesbeziehung hatte und aufgrund der Briefe, die ihm der Enkel von Olof Lagercrantz gegeben hat.
Er rollt die Geschichte wie einen Kriminalroman auf, setzt Puzzleteil an Puzzleteil, nimmt zwischendurch ein Teil weg und setzt es an eine andere Stelle. Gleichzeitig setzt er sein eigenes Puzzle zusammen und findet langsam einen Weg zum Ursprung seiner Wut.
Besonders beeindruckt hat mich die Beschreibung oder Gegenüberstellung der beiden Familien. Einmal ist da der Enkel von Olof Lagercrantz, der so wirkt, als ob er aus einer gefestigten Familie kommt, in der sich die Menschen gut verstehen und auf der anderen Seite der Autor, dessen eine Hälfte der Familie wütende Streitigkeiten durchzieht und er in der Mitte. Solche Stellen gibt es häufiger, an denen Vergleiche gezogen werden oder mit Hilfe der äußeren Geschichte eine der inneren Geschichten erzählt werden.
In dem Buch geht es um so vieles, um so vieles, das traurig ist und aufwühlt und den Schmerz der einzelnen Personen fühlbar macht. Es gibt Stellen im Buch, wo man einfach die Arme ausbreiten möchte und die Menschen, die so viel Leid ertragen, in den Arm nehmen möchte und trösten möchte. Es ist ein hoher Preis, den die Beteiligten bezahlen und man fragt sich, warum konnte es nicht anders sein. Doch bei all dem gibt es auch Hoffnung.
„Verbrenn all meine Briefe“ ist alles in allem ein Buch, das einen Sog ausübt und ganz tief mit in die Geschichte nimmt und berührt.
Hast du es schon gelesen? Falls ja, wie hat es dir gefallen, hat es dich auch so eingesogen?
Autor: Alex Schulman
Übersetzerin: Hanna Granz
Verlag: dtv Verlag
Erscheinungsdatum: 21.09.2022
ISBN: 978-3-423-29037-1
PS: Mein Leseexemplar ist ein kostenloses Freiexemplar, welches ich bei Vorablesen erhalten habe. Es wurde vom DTV Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Hierfür herzlichen Dank!
Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekomme oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
Wenn dir „Verbrenn all meine Briefe“ von Alex Schulman gefallen hat, kann ich dir auch sein Buch „Die Überlebenden“ empfehlen.