Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern

Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo

Aktualisiert am 27. Juli 2022 von Antje Tomfohrde

von Irene Vallejo (übersetzt von Maria Meinel und Luis Ruby)

Ein außergewöhnliches Buch – das beschreibt wohl am besten, was Irene Vallejo mit „Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern“ erschaffen hat. Ein Sachbuch, ja, aber auch spannend und klug und poetisch. Was ist es, dass es so besonders macht?

Wovon handelt „Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern“?

Es beginnt wie eine Abenteuergeschichte. Berittene Männer, die die Straßen Griechenlands durchstreifen, um ihre Beute aufzuspüren. Bücher, das ist, was sie suchen. Im Auftrag des Königs von Ägypten sollen sie alle Bücher der Welt in Alexandria zusammentragen. Was für eine Aufgabe! Eine Aufgabe, die heute so gar nicht mehr möglich wäre, trotz all der Technik, die uns zur Verfügung steht.

Und so geht es erst einmal weiter mit der Geschichte der legendären Bibliothek von Alexandria bzw. der Geschichte des Namensgebers der Stadt, Alexander dem Großen. Er war nicht nur Heerführer, sondern Büchersammler, immer ein Exemplar der Ilias im Gepäck.

Die Leidenschaft des Büchersammlers gleicht der eines Reisenden. Jede Bibliothek ist eine Reise; jedes Buch ist ein Fahrschein mit unbegrenzter Gültigkeit.<span class="su-quote-cite">Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo</span>

Irene Vallejo erzählt nicht nur von der Bibliothek von Alexandria, sondern auch davon, wie sich die Schrift, die schriftliche Erzählung und schließlich das Lesen von mehr als Auflistungen von Handelswaren zur Literatur entwickelt haben. Von der mündlichen Erzählung zu unseren heutigen Büchern war es ein weiter und aufregender Weg.

Das Buch ist in zwei große Teile aufgeteilt, einmal in einen griechischen Teil, dem Ursprung und in einen römischen Teil. Was passierte, nachdem Rom das Zentrum der Macht wurde?

Das Buch hat sich im Laufe der Zeit bewährt, es hat sich als Langstreckenläufer erwiesen. Wann immer wir aus dem Traum der Revolutionen oder dem Albtraum der Katastrophen erwachten, war das Buch noch da. <span class="su-quote-cite">Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo</span>

Welches Material wurde für Bücher genutzt, was eignete sich und warum war Papyrus so erfolgreich? Was wurde als Schreibmaterial genutzt?

Auch berichtet sie von ihren Aufenthalten in Oxford und Florenz und was dies mit Büchern zu tun hat. Irene Vallejo teilt ihre Geschichte des Lesens und was Bücher für sie seit ihrer Kindheit sind.

Was bedeutete die Erfindung der Schrift und was bedeutete es, Lesen und Schreiben zu lernen? Das Buch geht so vielen kulturgeschichtlichen Augenblicken auf den Grund, es ist nicht nur eine Reise durch die Jahrhunderte, sondern eine Reise durch unsere eigene Geschichte.

Buchhandlungen erscheinen heitere Orte, weit ab vom Beben der Welt, und doch pulsieren in ihren Regalen die Kämpfe eines jeden Jahrhunderts.<span class="su-quote-cite">Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo</span>

Und manchmal springt sie einfach von den ersten Buchhandlungen der Römer zu einer Buchhändlerin des 20. Jahrhunderts. Von dort geht es weiter zu anderen Buchhandlungen, um dann zum nächsten Thema überzugehen.

Es geht in „Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern“ tatsächlich um einen Rundumschlag der menschlichen Geschichte in und mit Büchern. Wie entwickelte sich die Welt, die Menschheit von Wesen, die nur das mündliche Weitertragen von Geschichten kannten zu Bücherwesen? Und was passierte dadurch, welchen Einfluss hatte diese Entwicklung?

Wie hat mir das Buch gefallen?

Es ist schwierig, all das, was ich während des Lesens dieses Buchs gedacht habe, in einigermaßen sortierte Worte zu packen. Es ist ein kluges Buch. Es ist eine nicht versiegende Quelle an Wissen und an dem, was man wohl als fundierte Allgemeinbildung bezeichnen kann. So viele Dinge hat Irene Vallejo zusammengetragen, die ich bislang nur ansatzweise wusste. Warum reden wir im Geschichtsunterricht nur über die Kriege und die Aufteilung von Land und nicht über diesen Teil unserer Kulturgeschichte?

So nimmt sie uns mit zu den griechischen Philosophen, ins mittelalterliche Kloster, wir treffen Kleopatra und erfahren, wie es römischen Kindern in der Schule ging und welche Rolle die Frau im Laufe der Geschichte spielte (Spoiler: überraschenderweise wurde sie im Hintergrund gehalten) und so vieles mehr. Man lernt im Vorbeigehen, so nebenbei, en passant.

Eines sollten wir nicht vergessen: Das Buch ist seit vielen Jahrhunderten unser Verbündeter in einem Krieg, der in keinem Geschichtsbuch steht. Es ist der Kampf um die Bewahrung unserer wertvollen Schöpfung: der Worte, die kaum mehr als ein Lufthauch sind; der Fiktionen, die wir erfinden, um dem Chaos einen Sinn zu geben und in ihm zu überleben; die wahren, falschen und immer vorläufigen Erkenntnisse, die wir in den harten Fels unserer Unwissenheit ritzen.<span class="su-quote-cite">Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo</span>

Und sie hat es nicht einfach ganz sachlich zusammengefasst, sondern auf eine geradezu poetische Art. Eine Sprache, die mich gar nicht hat aufhören lassen zu lesen und manche Sätze immer wieder hat lesen lassen. Ihre Begeisterung an Büchern, am Lesen, an Sprache überträgt sich auf die Lesende. Ich habe selten ein Sachbuch gelesen, das mich so berührt hat.

Ein gutes Beispiel dafür ist, wie sie den Akt des Vorlesens beschreibt und in ihrer Erinnerung an ihre Mutter denkt, die ihr als Kind vorgelesen hat. Dieser komplette Abschnitt auf S. 172 hinterlässt ein ganz wohliges Gefühl der Geborgenheit und die Erinnerung daran, wie es ist vorzulesen oder vorgelesen zu bekommen.

Wer vorliest, wünscht seinem Publikum Vergnügen zu bereiten; das Vorlesen ist ein Akt der Liebe und eine Atempause in den Kämpfen des Lebens. Während man mit verträumter Aufmerksamkeit lauscht, verschmelzen Erzähler und Buch zu einer einzigen Präsenz, einer einzigen Stimme.<span class="su-quote-cite">Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern von Irene Vallejo</span>

Das Besondere an „Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern“ ist, dass es Geschichte mit Geschichten verknüpft und Persönliches hineinbringt. Dies und die wirklich wunderbare Art zu schreiben, machen aus dem Geschichtsbuch ein Kleinod.

Informationen zum Buch
Buchtitel: Papyrus Die Geschichte der Welt in Büchern
Autorin: Irene Vallejo
Übersetzer*innen: Maria Meinel und Luis Ruby
Verlag: Diogenes Verlag AG Zürich
Erschienen: 27.04.2022
ISBN: 978-3-257-07198-6

PS: Mein Buch ist ein kostenloses Rezensionsexemplar, welches mir vom Diogenes Verlag über Vorablesen zur Verfügung gestellt wurde. Hierfür bedanke ich mich herzlich!

Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekomme oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.

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