Aktualisiert am 29. Februar 2024 von Antje Tomfohrde
übersetzt von Petra Huber und Sara Riffel
Was ist der Stand der Dinge in Bezug auf gesunde Ernährung? Tim Spector schaut in „Nahrung fürs Leben“ genau hin und liefert die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wie finden wir einen gesunden Weg durch den Dschungel der Heilsversprechen gesund und schön durchs richtige Essen zu werden? Braucht es wirklich das Zaubernahrungsergänzungsmittel vom Internetguru oder darf es vielleicht einfach das Gemüse von nebenan sein? Was hilft und worum sollten wir lieber einen sehr großen Bogen machen?
Worum geht es in „Nahrung fürs Leben“?
Tim Spector beginnt das Buch mit der Frage „Warum sollte man sich überhaupt mit Ernährung beschäftigen?“ und verbindet diese Frage mit dem Bericht seiner persönlichen und beruflichen Reise, um mit diesem Buch eine Anleitung zum Thema Essen und Ernährung zu liefern.
„Nahrung fürs Leben“ ist in zwei Teile unterteilt. Im ersten Abschnitt nimmt sich der Autor den wichtigsten Fragen rund um den aktuellen Stand der Ernährungslehre an:
- er geht auf das Thema Darmflora und ihrer immer größeren Bedeutung ein,
- nimmt sich der Frage an, warum wir so gerne essen,
- welche Nahrungsmittel gesund und welche ungesund sind,
- kann Nahrung das Immunsystem positiv beeinflussen,
- wie können wir uns besser ernähren,
- verändern sich Nahrungsmittel durch Bearbeitung und Lagerung,
- mit welcher Ernährung können wir die Welt retten,
- warum wir einzigartig sind und eine individuell unterschiedliche Ernährung benötigen
- wie sieht die Ernährung der Zukunft aus und
- was gibt es heute zum Abendessen.
Am Ende der jeweiligen Kapitel gibt es Tipps bzw. Zusammenfassungen wie zum Beispiel „Die fünf besten Tipps zu Lagerung und Zubereitung“.
Im zweiten Teil von „Nahrung fürs Leben“ geht es ans Eingemachte. Jede Lebensmittelkategorie von Obst über Gemüse, Getreide und Saaten, Fleisch, Fisch, Milch und Milch-Alternativen, Süßigkeiten bis hin zu Getränken, Ölen und Gewürzen bekommt in eigenen Kapiteln Raum und Tim Spector gibt den aktuellen Forschungsstand an die Leserinnen und Leser weiter.
So ist zum Beispiel das Kapitel „Fisch“ in die folgenden Abschnitte unterteilt:
- Fisch aus Aquakultur
- Wie frisch ist der Fisch?
- Kleine Fische
- Ist Fisch Nahrung fürs Gehirn?
- Gesundheit und Langlebigkeit durch Fisch – ein Mythos?
- Etikettenschwindel
- Roher Fisch
- Fischstäbchen
- Schwermetalle
- Fünf Fakten zum Fischverzehr
Aber nicht nur das, zwischendurch gibt es kleine Anekdoten, von ihm selbst getestete Rezepte und auch hier wieder Tipps und Zusammenfassungen am Ende der Abschnitte.
Zum Abschluss des Buchs gibt es noch zwanzig Tipps, wie man sich und die Darmflora gesund hält. Im Anhang finden sich jede Menge Lebensmitteltabellen, ein Glossar und Anmerkungen. Das Buch umfasst 684 Seiten.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Tim Spector verspricht mit „Nahrung fürs Leben“ nicht mehr als „Alle neuen Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft – wie Sie Ihre individuell richtige Ernährung finden, sich vor chronischen Krankheiten schützen und bis ins hohe Alter gesund bleiben“. Ob er den Mund da nicht ein bisschen voll genommen hat, kann ich nicht beurteilen, ich fühle mich aber richtig gut informiert.
Das Buch schafft es, die neuesten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft in einem gut verständlichen, lockeren Ton zu vermitteln. Auch gibt es viele Beispiele, Verweise zu Studien und wie auch schon in „Die Wahrheit über unser Essen“ eigene Erfahrungsberichte.
Die Lebensmittelindustrie bekommt ihr Fett weg und wir Erwachsenen werden einmal mehr an unsere Vorbildfunktion gegenüber Kindern erinnert. Er zeigt auf, wie sehr sich soziale Ungleichheit bei der Ernährung zeigt und wie wichtig es ist, hier gegenzusteuern, denn es hat nicht nur Auswirkungen auf das einzelne Individuum, sondern auf die Gesellschaft an sich. Auf die Politik zu zählen, ist in Großbritannien wie auch anderswo, noch in weiter Ferne, so dass wir uns schon selbst darum kümmern müssen.
Er rät dazu, immer mal wieder zu experimentieren, offen für Neues zu sein und sich quer durchs Gemüsebeet zu essen. Frisch zubereitete Speisen aus möglichst regionalen Lebensmitteln sollen bevorzugt werden und verpackten, stark verarbeiteten Produkten die kalte Schulter gezeigt werden.
Er geht auch auf eine individualisierte Ernährung ein, zu der er forscht. Dass nicht jede und jeder beim Thema Ernährung mit ein und denselben Ratschlägen gut fährt, ist mittlerweile wohl Konsens. Tim Spector geht hier noch einmal auf Versuchsreihen ein, die das Unternehmen, an dem er beteiligt ist, durchgeführt hat. Und hier ist ein kleiner Werbepart in seinem Buch, der der Vollständigkeit halber erwähnt werden sollte. Es nervt nicht, er kleidet damit aus, wie er seine eigenen Ernährungsgewohnheiten umgekrempelt hat und immer wieder etwas ausprobiert. Im Rahmen seiner Forschungen ist er selbst Versuchskaninchen und berichtet auch immer wieder davon, wie er etwas ausprobiert hat.
Gut gefällt mir, dass der zweite Teil des Buchs wie ein Nachschlagewerk genutzt werden kann. An den Überschriften der Unterkapitel kann man erkennen, wie viel Mühe er sich gemacht hat, denn er behandelt nicht nur das große Thema des Kapitels, sondern geht auf Unterpunkte ein, wie die Folgen der Überfischung oder bestimmte Zubereitungsarten. Milch-Alternativen haben ein eigenes Kapitel und auch die ethischen Aspekte der Nahrungsmittelproduktion, wie zum Beispiel Kinderarbeit beim Kakaoanbau oder Massentierhaltung, betrachtet Spector.
Besonders interessant finde ich das Kapitel, in dem er auf Lagerung und Zubereitung und deren Auswirkungen auf Nahrungsmittel eingeht. Je nach Zubereitungsart können Nahrungsmittel auch anders aufgenommen werden bzw. verhalten sich anders und haben Auswirkungen auf uns Menschen. Spannend gerade in Bezug auf Smoothies oder warum es besser ist, gekochte Nudeln und Kartoffeln erst einen Tag später zu essen.
Auch gibt er einer Ernährung, die das Klima schützt, Platz und liefert Quellen zu seinen Aussagen. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um menschen- und tierunwürdige Produktionsabläufe geht, so war mir nach dem Kapitel über Fischzucht ganz anders und er weiß ganz genau, wie privilegiert er ist, dass er sich eine gute, personalisierte Ernährung leisten kann. Sprachlich ist „Nahrung fürs Leben“ so gehalten, dass es leicht verständlich ist. Tim Spector versprüht britischen Humor und würzt trockene Fakten mit persönlichen Geschichten.
Alles in allem ist „Nahrung fürs Leben“ eine Leseempfehlung für alle, die sich intensiver mit den einzelnen Nahrungsquellen und der individuellen Ernährung auseinandersetzen möchten. Es ist ein Buch, das immer wieder zur Hand genommen werden kann, um darin zu lesen und dank der Listen am Ende der einzelnen Kapitel auch Handlungsanweisungen liefert.
Und – Tim Spector vermittelt in seinem Buch nicht nur trockene Fakten und Ernährungsregeln, sondern auch Freude am Essen und seiner Zubereitung. Gesunde Ernährung kann und soll Freude bereiten – eine ganz wichtige Botschaft.
Ein Schluss aus diesem Buch und Sendungen wie die NDR Ernährungsdocs wäre für mich, dass wir in Kindergärten und Schulen vermehrt Fähigkeiten wie Kochen, die Zubereitung gesunder und leckerer Gerichte vermitteln. Das heißt auch den Wert gemeinsam eingenommener Mahlzeiten wieder mehr in den Mittelpunkt bringen. Es fängt im Kindergarten beim gemeinsamen Gruppenfrühstück an und geht an den Grund- und weiterführenden Schulen weiter mit einem Schulgarten und Gerichten, die aus dem angebauten Gemüse gekocht werden. Da können die Kinder sich dann nach Herzenslust austoben und Neues erfinden.
Wer das Ganze dann noch optimieren möchte, kann dann im Informatikunterricht noch einen Rezeptegenerator mithilfe einer KI entwickeln und die Kinder während der Zubereitung Englisch sprechen lassen, damit sie noch mehr alltagstaugliches Englisch lernen können. „Nahrung fürs Leben“ dann allumfänglich!
Autor: Tim Spector
Übersetzerinnen: Petra Huber und Sara Riffel
Erscheinungsdatum: 14.11.2023
Verlag: DuMont Buchverlag
ISBN: 978-3-8321-6802-5
PS: Vielen Dank an den DuMont Buchverlag, der mir ein kostenloses Rezensionsexemplar von „Nahrung fürs Leben“ zur Verfügung gestellt hat!
Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekomme oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
Wenn du dich für das Thema gesunde Ernährung und insbesondere für ein weiteres Buch von Tim Spector interessierst, kann ich dir die „Die Wahrheit über unser Essen“ empfehlen. Schon im Untertitel „Warum fast alles, was man uns über Ernährung erzählt, falsch ist“ macht Tim Spector klar, wohin die Reise im Buch hingeht. „Die Wahrheit über unser Essen“ und „Nahrung fürs Leben“ ergänzen sich.