Der Weg aus der Klimakrise von Svend Andersen

Der Weg aus der Klimakrise von Svend Andersen

Aktualisiert am 27. Juli 2022 von Antje Tomfohrde

Der Klimawandel ist da und trotzdem wird immer noch darüber diskutiert, ob es denn in 30 Jahren wirklich so schlimm wird, wie gedacht oder ob es nicht Panikmache ist und was ist denn jetzt das richtige Vorgehen und und und. Bloß wirklich etwas getan wird wenig, vor allem werden weltweit immer noch zu wenig die wirklich wichtigen politischen Weichen gestellt, die Unternehmen, Kommunen, Städte und Regierungen in die Pflicht nehmen, etwas zu tun. Mit seinem Buch „Der Weg aus der Klimakrise“ zeigt Svend Andersen Lösungen aus dieser Misere.

Worum geht es?

Svend Andersen beschäftigt sich in seinem Buch „Der Weg aus der Klimakrise“ mit den Ursachen bzw. der Ursache der Klimakrise und nicht mit den Auswirkungen.

Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre ist für die Klimakrise verantwortlich. Dies und und nichts anderes ist der singuläre und wichtigste Faktor, um den wir uns kümmern müssen.<span class="su-quote-cite">Der Weg aus der Klimakrise, Svend Andersen</span>

Statt sich auf Nebenkriegsschauplätze zu konzentrieren, sollten wir uns auf diese eine Sache konzentrieren und alles tun, um die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre zu senken, dies ist sein Handlungsvorschlag.

Um aber erst einmal ein Verständnis dafür zu entwickeln, um was es dabei eigentlich geht, erklärt der Autor zunächst, an welchem Punkt wir in der Klimakrise überhaupt stehen und welche wichtigen Begriffe man in diesem Zusammenhang kennen sollte. So führt der Weg nach Hawai, um die sogenannte Keeling-Kurve zu erklären und was das mit dem Beruf des Treibhausgasbuchhalters zu tun hat. Denn das ist der eigentliche Job von Svend Andersen. Er berät Unternehmen, Kommunen und Regierungen dazu, was die effektivsten Klimaschutzmaßnahmen sind, um die Treibhausgaskonzentration soweit zu senken, dass das 1,5-Grad-Ziels erreicht werden kann.

Dann erklärt er, um welches CO2 es sich beim Klimawandel handelt, nämlich um das vom Menschen produzierte, anthropogene CO2. Der erste Teil des Buches leistet sehr viel Grundlagenarbeit, indem vieles erklärt und eingeordnet wird, damit auch wir, die wir uns nicht tagtäglich damit beschäftigen, mehr als eine vage Ahnung davon bekommen.

Im zweiten Teil geht es darum, dass wir persönlich umdenken sollen und ins erkenntnisreiche Handeln kommen sollen. Also nicht nur emissionsarm frühstücken, sondern lieber herausfinden, was der Treibhausfußabdruck unserer Stadt, in der wir leben oder unseres Arbeitgebers und ähnlicher Institutionen ist und was deren Strategie dagegen ist. Also nicht darauf hoffen, dass es ausreicht, den persönlichen Fußabdruck zu verkleinern, sondern an die großen Emittenten gehen und dies öffentlich ansprechen. So ist z. B. auch wichtig, mit einzukalkulieren, wo Produkte produziert werden und dass diese Emissionen eingerechnet werden müssen. Beim nächsten Mal, wo also ein Satz mit „Aber China…“ beginnt, darauf hinweisen, wohin China denn all die Waren exportiert, die es produziert und dass diese dort zum Fußabdruck hinzugerechnet werden müssen.

Ein weiterer Punkt ist der Unterschied zwischen Klima- und Umweltschutz und dass diese beiden manchmal gegenläufig sein können.

Svend Andersen beschreibt seinen Weg zum Klimabuchhalter und wie er sich schon früh für faire Arbeits- und Handelsbedingungen einsetzte und wie sein persönlicher Werdegang verlief.

Im dritten Teil des Buches geht er darauf ein, warum uns die CO2-Steuer und der Zertifikatehandel nur schaden und nicht dabei helfen, die Klimakrise zu meistern und auch der Wirtschaft schaden. Klare Spielregeln und Kriterien sind hier hilfreicher. Er stellt die Frage, warum die Politik sich immer noch nicht traut, der Wirtschaft nicht noch ein paar effektive Regeln zutraut. Hierfür definiert er acht Kriterien, acht Maßnahmen.

In Teil 4 geht es dann auf den Weg in die Zukunft und er definiert, wie wir die Klimakrise wuppen können: gute Gesetze fordern kluge Lösungen fördern und Strom und Co. von den Emissionen befreien. Wie das gehen soll, beschriebt er in diesem letzten Teil und auch welche Vorteile diese regulierte Treibhausgasintensität für Deutschland hätte.

Neben der Stromerzeugung spricht er auch noch weitere Bereiche an, so z. B. darf nur klimaneutral genannt werden, was auch klimaneutral ist. Bäume zu pflanzen wird nicht ausreichen, auch die Moore und Meere müssen wieder in einen intakten Zustand versetzt werden, die Transportwende wird eine wichtige Rolle spielen, hier werden die Städte ordnungspolitisch gefordert und auch die Unternehmen würden davon profitieren, wenn es nicht beim Weiter-so bleibt, sondern statt in Zertifikate wirklich in Innovationen investieren. Und auch für uns als Einzelne zeigt er weitere Handlungsoptionen auf.

Was ist meine Meinung zu „Der Weg aus der Klimakrise“?

Das besonders Schöne beim Lesen des Buches war, dass ich es nicht allein gelesen habe, sondern im Buddyread mit Jenny vom Blog Jennys View Einblick in ein nachhaltiges Leben. Dadurch konnten wir nach den einzelnen Teilen miteinander in den Austausch gehen, was ich auch bei einem Sachbuch nur empfehlen kann. Auch Jennys Blog kann ich euch ans Herz legen, doch nun zu meinem Leseeindruck von „Der Weg aus der Klimakrise“.

Die auf die Ursache der Klimakrise reduzierte Sichtweise ist mit Sicherheit eine große Hilfe, das Problem Klimakrise zu versachlichen und auf den Kern zurückzuführen. Hierbei hilft die Mischung aus Erklärungen von Fachtermini und wissenschaftlichen Zusammenhängen und die persönlichen Erfahrungen des Autors.

Gut gefällt mir auch, dass Svend Andersen hier noch einmal sehr dringlich darauf hinweist, wie wichtig es ist, dass die Politik endlich aufhören muss zu reden, sondern etwas tun muss, nämlich die richtigen Regeln aufstellen, um die Unternehmen, Kommunen und Regierungen in die Pflicht zu nehmen. Auch dass es eine unserer wichtigsten Aufgaben ist, hier Einfluss zu nehmen (zusätzlich dazu, z. B. häufiger Rad zu fahren oder den Bus zu nehmen und weniger Fleisch zu essen). Je häufiger wir Fragen an die Politker*innen stellen, in der Kommune nachhaken, wie es denn um eine Strategie zur Bewältigung der Klimakrise bestellt ist, desto eher wird etwas passieren.

Den Wunsch nach Versachlichung der aufgeheißten Diskussion und Schaffung von allgemein gültigen Regeln kann ich absolut nachvollziehen und es würde uns alle in der Lösung dieses Problems weiterbringen. Da uns dies – wie bei anderen Konflikten auch – aber nicht in dem nötigen Maße gelingen wird, weil wir einfach Menschen sind, braucht es zusätzlich noch andere Geschichten, die uns auch emotional erreichen, so sehr ich die sachliche Buchhaltersicht schätze.

Denn auch jeder einzelne, der weniger Fleisch ist, jede einzelne, die Zug fährt, statt den Inlandsflug zu buchen, tut auch etwas dazu, dass die Sache an sich so ernst genommen wird, wie sie es sollte. Sie wird dadurch auf eine persönliche Ebene gebracht und gleichzeitig ermutigen die persönlichen kleinen Schritte zu den größeren Schritten, sich auch politisch zu Wort zu melden.

Und wenn dann noch das Einwirken auf kommunaler Ebene auf Maßnahmen zur Senkung der Emissionen hinzukommen, wird ein Schuh für mich daraus.

Insgesamt fand ich das Buch und die Fokussierung auf die Senkung der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre sehr einleuchtend und vor allem auch sehr sachlich, was eine Zutat ist, von der wir im Kampf gegen die Klimakrise noch zu wenig haben. Auch die Erklärung, warum wir vom Zertifikatehandel abkehren müssen, ist sehr einleuchtend und gut erklärt und man fragt sich am Ende des Buches, warum denn, verdammte Hacke, nicht endlich gehandelt wird.

Ein kleiner Wermutstropfen war allerdings für mich der sehr deutsche Sachbuchstil, das war mir häufig ein wenig zu dröge. Ich mag die leichtere Art des angelsächsischen Sachbuchstils lieber, aber das ist eine persönliche Vorliebe.

Abschließend spreche ich auf jeden Fall eine Leseempfehlung für „Der Weg aus der Klimakrise“ an all diejenigen aus, die sich intensiver damit beschäftigen möchten, was wir warum und wieso tun können und wie wir auf unsere Volksvertreter*innen, Kommunen und Unternehmen dahingehend einwirken können, denn nur am Frühstückstisch können wir unsere Lebenswelt leider nicht retten.

Svend war auch zu Gast im Podcast Studio 36 und berichtet in Folge 62 über Effektive Lösungen zu Treibhausgasen. Hört mal rein und bekommt einen weiteren Eindruck von seiner Arbeit.

Informationen zum Buch
Buchtitel: Der Weg aus der Klimakrise
Autor: Svend Andersen mit Marc Bielefeld
Verlag: Quadriga
Erschienen: 30. September 2021
ISBN: 978-3-86995-109-6

Vielen Dank an Svend Andersen, der mir das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat! Svend ist Klimaschutzexperte und Treibhausgasbuchhalter und engagiert sich bei den Writers4Future. Er lebt in Kanada und entwickelt dort für Regierungen, Gemeinden und Unternehmen innovative und effektive Klimaschutzlösungen.

Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekomme oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.

Wenn du „Der Weg aus der Klimakrise“ interessant fandest, könnte auch „Deutschland 2050 Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ von Nick Reimer und Toralf Staud etwas für dich sein. Die Autoren beschreiben ein Deutschland im Jahr 2050 in drei verschiedenen Szenarien. Es geht darum an heute schon bekannten Fakten aufzuzeigen, wie sich unser Land verändert, wenn wir nichts, wenig oder richtig viel tun, um die Klimakrise aufzuhalten.

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