Der große Sommer von Ewald Arenz

Buchcover Der große Sommer von Ewald Arenz

Aktualisiert am 6. September 2022 von Antje Tomfohrde

Sommerferien, da denkt man an sonnige Tage, Freunde treffen im Freibad, Nichtstun und in Urlaub fahren. Das verbindet auch Frieder normalerweise mit Sommer und Sommerferien, aber nicht in diesem Sommer, der „Der große Sommer“ für ihn werden wird, auch wenn es erst einmal nach Latein büffeln aussieht.

Wovon handelt das Buch?

Es ist kurz vor den Sommerferien und Friedrich Büchner, der von allen nur Frieder genannt wird, erfährt, dass er die letzte Arbeit versemmelt hat und dass er die Klasse entweder wiederholen muss oder für die Nachprüfung lernen muss. Sein Großvater hat sich angeboten, mit ihm Latein und Mathe in den Ferien zu lernen, während der Rest von Frieders Familie in Urlaub fährt. Nur seine Schwester Alma, die ein Praktikum im Altenheim macht, bleibt auch zuhause. Sie wird im Elternhaus bleiben, während Frieder bei seinen Großeltern einquartiert wird.

Frieder weiß nicht, was er davon halten soll, denn sein Großvater ist, im Gegensatz zu seiner warmherzigen und offenen Großmutter Nana, sehr streng und reserviert. Der Aufenthalt bei Oma und Opa (den er nicht so nennen darf) verspricht viel, nur nicht Spaß und Kurzweil. Zum Glück hat er vor den Ferien noch Beate kennengelernt und sein Kumpel Johann wird zwar nicht die ganzen Ferien da sein, aber zumindest einen Teil davon und das Freibad ist ja auch noch da. Frieder liebt es, ins Freibad zu gehen und dort seine Bahnen zu ziehen und vom Sprungturm zu springen.

Es stellt sich heraus, dass es gar nicht so unerträglich ist, mit dem Großvater zu lernen und dass noch Zeit bleibt, um Beate näher kennenzulernen und mit Johann und Alma abzuhängen. Und der Sommer ist alles, nur nicht langweilig, aber was genau passiert, werde ich hier nicht erzählen.

Es war dieser eine Sommer, wie es ihn wahrscheinlich nur einmal im Leben gibt. Dieser eine Sommer, den hoffentlich jeder hat; dieser eine Sommer, in dem sich alles ändert.<span class="su-quote-cite">Ewald Arenz, Der große Sommer</span>

Wie hat mir „Der große Sommer“ gefallen?

„Der große Sommer“ war das Buch, das im Rahmen der Aktion #GemeinsamMitlesen auf Instagram ausgewählt wurde und da ich es sowieso lesen wollte, kam diese Aktion gerade recht, denn ich mag es, mich mit anderen über die Bücher, die ich lese, auszutauschen.

Das Buch hat alles, was ein gutes Buch in meinen Augen haben sollte, eine gute Geschichte, gute Haupt- und Nebenfiguren und der Schreibstil von Ewald Arenz gefällt mir ausnehmend gut. Es ist ein Buch, das man auf der einen Seite verschlingen möchte, auf der anderen Seite aber auch langsam lesen möchte, da die Ausdrucksweise so wunderschön ist. Hinzu kommt, dass die Geschichte in den 80ern spielt, also eine Zeit, in die ich mich sehr gut hinein versetzen kann.

Frieder ist nur drei Jahre älter als ich und ich kann mir diesen Sommer so gut vorstellen. Man hatte immer 20 Pfennig zum Telefonieren dabei und war nicht ständig erreichbar. Es ging mit dem Rad ins Freibad, um dort mit den Freund*innen zusammen zu sein und um abends noch irgendwohin zu gehen bzw. bei jemandem im Garten weiter zusammen abzuhängen. Genau die Leichtigkeit, die während der Pandemie gerade fehlt.

Pommes. Ketchup. Das Wasser und frisch gemähtes Gras. Diese Mischung war das Freibad im Sommer.<span class="su-quote-cite">Ewald Arenz, Der große Sommer</span>

Doch es ist nicht nur Leichtigkeit in der Geschichte, es geht auch gleichzeitig um eine Familiengeschichte, die aufgearbeitet werden will. Die Oma, Nana, die mit ihren Kindern geflüchtet ist und wie sie den Großvater kennengelernt hat und warum dieser so merkwürdig ist, sie ihn aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb so liebt. Und dann gibt es dieses Ereignis, wo all die Leichtigkeit in sich zusammenfällt und die Freundschaft von Johann, Alma, Beate und Frieder auf die Probe gestellt wird.

Freundschaft beweist sich nicht in den guten Zeiten.<span class="su-quote-cite">Ewald Arenz, Der große Sommer</span>

Es ist dieser besondere Cocktail, der das Buch so lesenswert macht. Es ist die Vielschichtigkeit der Charaktere, dadurch, dass sie nicht nur Schwarz und Weiß sind, ist es ein ganz intensives Leseerlebnis. Die Beziehung Frieders zu seinem Großvater, zu seiner Oma Nana und zu seiner Schwester Alma und natürlich die Beziehung zu Johann und Beate als seine erste Liebe sind es, die das Buch zu etwas ganz Besonderem machen. Und dann gibt es noch dieses kleine Detail, was ich so wunderschön finde. Zum einen ist das Buchcover wunderschön und dann sind das Leseband und die ersten Einbandseiten flaschengrün, so wie Beates Badeanzug. Das ist dann noch das i-Tüpfelchen.

Viel Freude beim Lesen wünsche ich euch und lasst gerne einen Kommentar mit eurer Meinung zum Buch da.

Informationen zum Buch
Buchtitel: Der große Sommer
Autorin: Ewald Arenz
Verlag: Dumont Verlag
Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-8321-8153-6

PS: „Der große Sommer“ habe ich selbst in der Hohenlimburger Buchhandlung gekauft und meine Leseempfehlung ist unbezahlte Werbung. Mit der Buchhandlung verlinke ich, um den stationären Buchhandel zu unterstützen. #SupportYourLocalBookstore

Falls dir „Der große Sommer“ gefallen hat und du noch mehr von Ewald Arenz lesen möchtest, empfehle ich dir „Alte Sorten“.

4 Kommentare

  1. Zu Beginn erfreute mich das Buch! Obwohl es keinen spannenden Plot hatte, las ich die Beschreibung der Charaktere gern. Ich genoss die Szenen, in denen alte Rollenmuster aufgebrochen werden: Wie Beate den vor Angst zitternden Frieder nicht allein vom 7-Meter-Turm springen lässt, als der Bademeister ihn dazu zwingt. Wie die Beziehung daran wächst, dass die Beiden GEMEINSAM Abenteuer bestehen – und sich das Mädchen trotzdem in Frieder verliebt, auch wenn dieser nicht den Held gibt. Es gibt immer wieder solche Szenen, wo überkommene Beziehungsmuster neu gezeichnet werden und sich dadurch etwas auftut, was ich als Zukunft empfinde. Auch wenn Handys u.ä. fehlen, hatte ich nie den Eindruck, ein Buch aus den 80iger-Jahren zu lesen. Trotz all dem, begann mich das Buch dann aber zu langweilen, die Charaktere blieben flach und auf dem Level ihrer Einführung stehen. Wie wenn einem ein Gast auf interessante Weise vorgestellt wird, man ihn aber danach doch nicht näher kennenlernt. So speziell die Charaktere auch sind – der zerstreute, etwas gleichgültige Vater; der strenge, gestelzte Grossvater; die warmherzige Künstler-Grossmutter, die allwissende Schwester usw…sie bleiben alle plakativ, entwickeln sich nicht und plätschern vor sich hin. So richtig hässig machte mich der Schluss des Buchs: Friedrich auf dem Friedhof. Man begreift einfach nicht, was er die ganze Zeit dort sucht. Er geht immer wieder hin und hat doch Mühe, das Grab zu finden. Wir erfahren nicht, was das für ein Grab ist. Hat sich der psychisch erkrankte Freund vielleicht umgebracht? Oder ist es nur das „Grab“, wo sie einst als Jugendliche das „Nullerheft“ vergruben? Nervend auch die Rückblicke, welche das Buch durchziehen. In kursiver Schrift reflektiert Friedrich immer mal wieder nun als plötzlich erwachsener Mann über sich selbst. Man weiss nicht, wie alt er da ist – jedenfalls viel älter als der Friedrich im Roman. Diese Reflexionen sind eigenartig bitter und wirken gequält, desillusioniert. Man begreift aber nicht, WARUM?! Die Jugend Friedrichs, die Erlebnisse des „grossen Sommers“ führen wirklich nicht zu diesem problembeladenen Mann, der seine Existenz in Frage stellt. Ich brachte diese beiden Männer nicht zusammen. Und das ist ärgerlich, weil diese Reflexionen immer wieder vorkommen und so schattig-dunkel sind, dass ich das ganze Buch über immer darauf wartete, dass jetzt etwas Grosses passiert oder die Wahrheit rauskommt über den Grossvater (zB seine Taten während des Kriegs) dass also etwas passiert, was eben das Selbstverständnis dieses harmlosen, gutmütigen Friedrich in den Grundfesten zerstört oder zumindest bröckeln lässt. Aber es passiert NICHTS. Zwar erkrankt der Freund an einer Psychose und mit Beate kommt es zu einer vorübergehenden Trennung, aber das renkt sich alles wieder plusminus ein. Und IHM SELBER, Friedrich, passiert nichts. Schlussendlich weiss ich nicht, wozu ich das Buch gelesen habe, es zerrinnt einem zwischen den Fingern. Wenn es nicht zunehmend langfädig geworden wäre, hätte ich es als gute Unterhaltung genossen. Aber so, ist es nicht einmal das. Was es ganz sicher auch nicht ist: Literatur.

    • Liebe Raquel,
      vielen Dank für deinen sehr ausführlichen Leseeindruck und deine Analyse. Ich finde es jedes Mal spannend, was ein Buch in den einzelnen Menschen erreicht und wie es aufgenommen wird. Bei mir war bei dieser Geschichte ein Großteil das Wiedererkennen der eigenen Jugend in den 80er Jahren mit endlosen Nachmittagen im Freibad und Abhängen mit Freunden. Die Familiengeschichte und die vielen kleinen Fäden, die zusammengewoben wurden und nicht komplett ausgemalt wurden, fand ich sehr reizvoll, da nicht alles komplett gelüftet wurde und die Geschichte so im eigenen Kopf weitergesponnen werden konnte. Ich hätte es interessant gefunden, dieses Buch mit dir in einem der Breakout-Räume der Bücherbar intensiver zu besprechen. Ich mag es, wenn man Bücher ganz anders empfindet und darüber spricht.
      Liebe Grüße
      Antje

      • Liebe Antje
        In unserem Breakout-Raum war es nur ganz kurz möglich, das Buch anszusprechen, da eine neue Teilnehmerin, die das Buch nicht gelesen hatte, darum bat, dass ihr jemand das Konzept der Bücherbar en général erklärt! Eine Teilnehmerin kam diesem Wunsch nach…Danach verabschiedete sich diese Person ausführlich und begründet… und die Zeit war um. Eine weitere Teilnehmerin konnte sich zudem nur schriftlich bemerkbar machen, da ihre Kamera ausgestiegen war. Ein entspannter Austausch war nicht möglich. Fazit: Ich fand die Aufteilung in diese „Räume“ einfach nur schade. Allerdings war es wunderbar, Maike und Dir zur Klimathematik zuzuhören. Wenn ich wählen müsste, würde ich nicht darauf verzichten wollen, auch wenn der grosse Sommer dadurch nur ein kurzer war.

        • Liebe Raquel,
          das ist ja schade, dass es bei euch von der Zeit nicht gereicht hat. Ich hoffe, dass du noch einmal dabei bist und dann mehr Zeit für Diskussionen bleibt. Vielen Dank für deine lieben Worte! Maike und ich haben uns sehr gefreut, dass wir die Bücher vorstellen durften und mit einem so netten Publikum macht das natürlich doppelt Freude.
          Liebe Grüße
          Antje

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert