Der Gesang der Berge von Nguyễn Phan Quế Mai

Das Buch "Der Gesang der Berge" von Nguyễn Phan Quế Mai

Aktualisiert am 20. Oktober 2021 von Antje Tomfohrde

„Ein Familienepos, das ein ganzes Jahrhundert atmet…“ so wird „Der Gesang der Berge“ von Nguyễn Phan Quế Mai vorgestellt. Ein Mädchen, das mit seiner Großmutter in den Kriegswirren des Vietnamkriegs in Hanoi groß wird und auf die Rückkehr seiner Eltern wartet. Wird das Buch dieser Vorankündigung gerecht?

Wovon handelt das Buch?

Das Mädchen Hu’o’ng lebt mit seiner Großmutter in Hanoi und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Eltern, die sich auf den Schlachtfeldern befinden. Es ist die Zeit des Vietnamkrieges und Nguyễn Phan Quế Mai nimmt die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in diese Epoche des vergangenen Jahrhunderts. Aber nicht nur dorthin, sondern auch in die Zeit davor.

Sie erzählt die Familiengeschichte als ehemals wohlhabende Bauern im Vietnam unter französischer Kolonialherrschaft über den zweiten Weltkrieg und der Phase der japanischen Verwaltung des Landes bis zur Teilung in ein nördliches und ein südliches Vietnam. Dies wird aus der Sicht der Großmutter erzählt. Sie berichtet, wie sie aufwuchs und wie sich ihr Leben änderte und wie sie dann aufgrund der Landreform nach Hanoi mit ihren Kindern fliehen musste.

Im Wechsel zu den Rückblicken der Großmutter berichtet Hu’o’ng, die von ihrer Oma liebevoll Guave genannt wird, von der im Buch aktuellen Zeit. Wie entwickelt sich Vietnam und das Leben der beiden Hauptakteurinnen während und nach dem Krieg? Es ist eine Beschreibung des täglichen Lebens, vom Einfluss der Partei auf dieses und wie nicht nur das Land, sondern auch die vietnamesische Gesellschaft gespalten und innerlich verwundet ist.

Die beiden Frauen erzählen in einzelnen Kapiteln im Wechsel die Geschichte der Familie und wie sie es schaffen, mit den grausamen Erfahrungen und dem Leid umzugehen. Die Großmutter kümmert sich um ihre kleine Enkelin mit allem, was ihr an Mitteln zur Verfügung steht und Hu’o’ng steht ihr bei. Die Geschichte geht nach dem Krieg weiter und die Autorin zeigt auf, wie es weiter geht mit dem Land und mit den Hauptpersonen des Buches und wie sie ihr Leben in die Hand trotz all der Unbill in die Hand nehmen.

Meine Meinung zum Buch

Eventuell kann man meiner Buchbeschreibung schon entnehmen, dass mich „Der Gesang der Berge“ begeistert hat. Ich hatte schon recht früh ein Auge auf das Buch geworfen, da es den Menschen ans Herz gelegt wurde, die „Ein einfaches Leben“ von Min Jin Lee gemocht hatten. Zu diesen Menschen gehöre ich und deshalb kam es auf meine Leseliste und ich wurde nicht enttäuscht.

Zum einen ist es die Familiengeschichte des Mädchens und ihrer Großmutter, die mich gefesselt hat und auch dass wirklich viel über Vietnam und seine Geschichte erzählt wurde. Natürlich wusste ich, dass es den Vietnamkrieg gegeben hatte und dass Vietnam in der Kolonialzeit eine französische Kolonie war, aber genauer habe ich mich mit der Entwicklung wie es zum Vietnamkrieg kam und was danach geschah nicht beschäftigt. Dieses Buch hat hier Nachhilfe gegeben und das Interesse geweckt, dies nachzuholen.

Es ist trotz der schrecklichen Geschehnisse kein lautes oder lärmendes Buch, das mit großem Gebrüll die Gräuel des Krieges beschreibt, sondern es geht tiefer an die Gefühle der Menschen und was es mit ihnen macht. Die innerlichen Leiden werden klar und wie sehr die Großmutter und auch Hu’o’ngs Mutter gelitten haben, welche Kämpfe die Geschwister mit sich und auch mit ihrer Familiengeschichte im Inneren austragen und wie die Großmutter es immer wieder geschafft hat, von vorne anzufangen.

Zwischen dem Mädchen Hu’o’ng und seiner Großmutter besteht eine liebevolle und ganz besondere Beziehung, was immer wieder klar wird. Auch scheint die Großmutter die Gabe zu besitzen, auch aus im Schlechten noch etwas zu finden, was gut ist und Hoffnung gibt.

An dem Tag habe ich mich in deinen Großpapa verliebt. Und ich sehe seine Liebe immer noch jedes Mal, wenn ich dich anschaue, Guave.<span class="su-quote-cite">Der Gesang der Berge, Nguyễn Phan Quế Mai</span>

Es wurde nicht zu viel versprochen, als von „einem Familienepos, das ein ganzes Jahrhundert atmet“ die Rede war. Nguyễn Phan Quế Mai ist es mit „Der Gesang der Berge“ gelungen, eine eindrucksvolle Geschichte einer vietnamesischen Familie zu erzählen. Ihre Erzählweise ist ruhig, teilweise poetisch und gibt den Leser:innen das Gefühl, den einzelnen Personen nahe zu sein und ihre inneren Konflikte mitzuerleben. Ein lesenswertes Buch!

Informationen zum Buch
Buchtitel: Der Gesang der Berge
Autorin: Nguyễn Phan Quế Mai
Übersetzerin: Claudia Feldmann
Verlag: Insel Verlag
Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-458-17940-5

Mein Buch ist ein kostenloses Freiexemplar, welches ich bei Vorablesen gewonnen habe und das vom Insel Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Herzlichen Dank hierfür!

Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.

Ein weiteres Buch, das dir gefallen könnte, ist „Der Klang der Wälder“ von Natsu Miyashita.

2 Kommentare

  1. Hallo =)
    Das hört sich nach einem wunderbaren Buch an, es wandert direkt auf meine Leseliste, da ich Familiengeschichten besonders gerne mag. Zudem liebe ich poetisch angehauchte Schreibstile.

    Danke für die schöne Rezension!

    Zeilentänzerin

    • Liebe Zeilentänzerin,

      das Buch ist wirklich wunderschön trotz der furchtbaren Kriegsereignisse. Ich wünsche dir großen Lesegenuss und bin auf deine Meinung gespannt.

      Liebe Grüße

      Antje

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