Aktualisiert am 8. Oktober 2021 von Antje Tomfohrde
Dreißig Jahre verheiratet, die Kinder sind mittlerweile erwachsen und aus dem Haus und irgendwie sind das große Ah und Oh aus der Beziehung verschwunden, ist überhaupt noch Liebe zwischen ihnen? Dieser Frage stellen sich Rahel und Peter in ihrem Urlaub. Wird der Weg gemeinsam fortgeführt?
Wovon handelt „Der Brand“ von Daniela Krien?
Rahel und Peter haben sich auf ihren gemeinsamen Urlaub in Oberbayern gefreut. Peter hat wochenlang Kartenmaterial studiert, um Wandertouren zu planen und Rahel hat die Aussicht, ohne Fernseher und Internet zu sein, schon im Vorhinein genossen. Dann kam die Absage und der Traum vom Urlaub nach der Zeit des Eingesperrtseins in der Corona-Zeit platzte.
Dann rief Ruth, die Freundin von Rahels Mutter Edith an, und fragte, ob Peter und Rahel auf das Haus in Dorotheenfelde aufpassen könnten, ihr Mann Viktor könne überraschend für sechs Wochen in eine Rehaklinik in Ahrenshoop und sie hätte eine Möglichkeit dort bei einer Freundin sie wohnen. Rahel stimmt zu und weiß nicht, wie sie es Peter beibringen soll.
In dieser Grundstimmung beginnen die zwei dann ihren Urlaub in der Uckermark. Die Enttäuschung über die abgesagte Unterkunft in Bayern ist nicht das Einzige, was zwischen den beiden steht. Peter macht seit ungefähr einem Jahr eine schwierige berufliche Phase durch, die Kinder Selma und Simon sind schon lange aus dem Haus und nach dreißig Jahren Ehe ist die Beziehung nicht mehr ganz taufrisch. Sie haben sich voneinander entfernt und wissen nicht, ob sie zusammen bleiben sollen bzw. Rahel weiß es nicht. Es ist ihr Innenleben, das nach außen getragen wird in diesem Buch.
So sind die ersten Tage in Dorotheenfelde immer mit einer gewissen Spannung zwischen den beiden und dann kommt ihre Tochter Selma mit den Kindern zu Besuch. Sie kommt aber nicht einfach zu Besuch, sondern es gibt etwas, dass sie unbedingt mit ihren Eltern besprechen muss.
Irgendwann sind die zwei dann doch allein und Rahel verarbeitet in der Zeit im Haus von Ruth und Viktor nicht nur ihre Beziehung zu Peter. Es geht auch um die Beziehung zu ihren Kindern, es geht um ihre Beziehung zu ihrer Mutter, zu Viktor, zu Ruth und um sie selbst.
Das Leben am Scheidepunkt, wohin und mit wem möchte sie die Reise fortsetzen? Gibt es noch eine Chance für Peter und sie, sich wiederzuentdecken, ist da noch Spannung, ein Knistern zwischen ihnen oder sind sie einfach ein fantastisch eingespieltes Team?
Was ist mein Eindruck vom Buch?
Das Buch hat mich allein aufgrund seines Themas schon angesprochen. Was passiert mit der Beziehung, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Wo geht die Liebe hin? Bleibt sie? Geht sie in ein anderes Stadium über? Wie findet man dann als Paar noch einmal neu und anders zusammen, wie wird es sein?
Das sind Fragen, über die man in meinem Alter vielleicht häufiger nachdenkt als mit knackigen Dreißig. Die Kinder werden irgendwann flügge und was ist dann? Bei Peter kommt in dem Buch eine berufliche Krise hinzu, die für ihn viel verändert, während Rahel ihren Job immer noch so weiterführt und Bestätigung bekommt. Auch ist sie die Temperamentvollere, während er viel mit sich selbst ausmacht und nicht mit Rahel über all das Ungesagte spricht.
Vieles kommt hoch bei Rahel, auch die unterschiedliche Art, wie sie ihre Kinder liebt und wie es für sie als Kind war, wie gerne sie bei Ruth und Viktor war. Es hat ganz viel mit der Angst vor Verlust und dem Gefühl zu tun, dass sie vielleicht versagt hat, sie, die es doch wissen möchte als Psychologin.
Schön ist, wie sie sich immer wieder klar macht, was sie an Peter geliebt hat oder vielleicht immer noch liebt und man merkt an kleinen Gesten, wie vertraut sie miteinander sind. Es gibt auf jeden Fall Hoffnung für die beiden, sie funktionieren über das Elternsein hinaus. Wird es reichen?
Daniela Krien gelingt es so gut, diese widersprüchlichen Gefühle in Rahel zu beschreiben. Diese manchmal ein bisschen Bösartige, Gemeine in ihren Gedanken, was doch auch gleichzeitig ihre innere Zerrissenheit zeigt. Dieser Kampf und das Wissen, dass sie ihrem Mann gegenüber ungerecht ist, aber diese Gedanken müssen gedacht werden und manchmal auch leider ausgesprochen. Es ist so real an vielen Stellen.
Die Sprache ist überhaupt so gut eingesetzt, knappe Sätze, keine Satzwürmer. Gezielte Beschreibungen und gleichzeitig geben sie die Emotionen des jeweiligen Moments wieder. Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen.
Hast du es schon gelesen? Wie ist dein Leseeindruck? Lass mir gerne einen Kommentar dazu da.
Autorin: Daniela Krien
Verlag: Diogenes Verlag
Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-257-07048-4
Mein Leseexemplar ist ein kostenloses Freiexemplar, welches ich bei Was Liest Du? gewonnen habe und das der Diogenes Verlag zur Verfügung gestellt hat. Vielen Dank hierfür!
Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
Wenn dir „Der Brand“ gefallen hat, empfehle ich dir “ Eine Liebe, in Gedanken“ von Kristine Bilkau.