Aktualisiert am 29. Januar 2023 von Antje Tomfohrde
Zwei, deren Leben sich sehr geändert hat, seitdem sie auf einem Bauernhof leben, sind Lars und Verena. Aus dem Traum vom Landleben und ein paar Tieren wurde ein Lebenshof mit Tieren aus schlechter oder Massentierhaltung und Lars und Verena änderten ihre Art sich zu ernähren. Wie es dazu kam, werden die beiden im Das Buchzuhause Interview Vom Nutztier zum Glückstier erzählen.
Der Januar ist seit ein paar Jahren auch Veganuary, d. h. immer mehr Menschen nehmen den ersten Monat des Jahres zum Anlass, 31 Tage lang vegan bzw. so vegan wie möglich zu leben. Wenn wir uns an dieser Aktion beteiligen, ist es eine Gelegenheit, noch einmal mehr darüber nachzudenken, wo unser Essen herkommt und ob wir wirklich wollen, dass die Tiere, aus denen nun einmal das saftige Steak oder der Frühstücksspeck hergestellt wird, für unsere Nahrung so leiden müssen.
Denn – auch wenn uns die Werbung es vorgaukeln möchte, Kühe leben nicht so häufig glücklich auf grünen Wiesen, Schweine suhlen sich nicht im Matsch und Hühner scharren nicht auf weichem Boden. Die Realität sieht in den allermeisten Fällen anders aus. Tiere werden auf viel zu wenig Platz gehalten, Kühe immer wieder zwangsgeschwängert, damit die Milch morgens in unserem Kaffee landet und nicht im Kälbchen, das der Kuh sofort nach der Geburt weggenommen wird.
Nachdem wir solche Bilder in Dokumentationen gesehen oder in Berichten darüber gelesen haben, verspüren viele von uns den Wunsch, damit aufzuhören und dieses System nicht mehr zu unterstützen. Doch oftmals gelingt es uns nicht und wir vergessen unsere Vorsätze im Alltag wieder. Zwei, bei denen das dann irgendwann doch anders lief, sind Lars und Verena Meyer aus Ennepetal.
Vegan sind wir mit dem ersten geretteten Schwein geworden. Wir konnten nicht das eine Schwein auf den Grill legen und das andere retten.
Verena Meyer von Meyers Hof – Vom Nutztier zum Glückstier
Lars und Verena Meyer leben in Ennepetal auf ihrem Bauernhof, Meyers Hof. Verena und ich kommen beide aus Hohenlimburg und irgendwann begegneten sich ihr Vater und meine Schwester und ich bekam auf diese Weise mit Verena eine weitere Nichte. Und dank Verena und Lars sind nicht nur meine Kinder und ich diejenigen, die beim Grillen mit der Familie das Tofu-Bratwürstchen bevorzugen. Doch wie es dazu kam, erzählen sie uns jetzt lieber selbst.
Wie schön, dass ihr euch die Zeit für ein Interview nehmt. Einige werden euch vermutlich aus Hohenlimburg und über die sozialen Netzwerke kennen, weil sie Meyers Hof dort folgen. Würdet Ihr euch denjenigen, die euch noch nicht kennen, noch einmal kurz vorstellen?
Verena: Ich habe, bis wir den Hof gefunden haben und bis auf ein paar Auslandsaufenthalte, in Hohenlimburg gelebt. Dort bin ich zur Schule gegangen, habe Auslandsaufenthalte in Frankreich und Amerika aufgeschoben, um dann in Letmathe eine Ausbildung zu machen. Danach studierte ich in Bochum Wirtschaftswissenschaften und habe in Sydney meinen Master gemacht. Ich bin Gesellschafterin eines Unternehmens und arbeite in diesem aktiv mit. Mit Mitte 40 habe ich also zwei Vollzeitjobs, einen als aktiv mitarbeitende Gesellschafterin eines Unternehmens und die Arbeit auf unserem Hof. Bevor wir den Hof hatten, sind wir sehr gerne verreist, haben mit dem Rucksack auf dem Rücken, Indien, Australien, Namibia und viele weitere einzigartige Fleckchen auf der Erde erkundet. Ich habe einen tollen Freundeskreis und diese Freundschaften zu pflegen ist mir sehr wichtig. Wenn ich die Zeit finde, bin ich gerne kreativ tätig und habe eine Leidenschaft für Innenarchitektur entwickelt. Was ich auch mal nebenbei studiert habe, ebenso habe ich letztes Jahr meinen Abschluss als Tierheilpraktikerin gemacht. Mal sehen, was als Nächstes kommt… Für CrossFit und Spinning finde ich leider gerade zu wenig Zeit.
Lars: Hallo, ich bin ein Kind Deutschlands 😉 In der ehemaligen DDR in Sachsen geboren, dann kurz nach der Geburt nach Brandenburg gezogen. Als dann die Mauer gefallen war, sind wir als Familie nach Schleswig-Holstein an die Nordsee gezogen. Dort habe ich dann bis zum Alter von 25 Jahren gelebt und seitdem lebe ich nun als Wahl-Rurpottler in Hagen bzw. Ennepetal.
Wenn ich nicht auf dem Hof bin, was selten ist, bin ich entweder bei meinem Arbeitgeber Dörke in Hagen/Herdecke oder beim Sport, denn ich trainiere gerade auf einen 70.3 Ironman.
Dass Verena schon von klein auf tierliebe war, weiß ich und auch, dass sie schon immer von einem Bauernhof geträumt hat. Wie ist es zu Meyers Hof als Lebenshof gekommen?
Verena: Das war so gar nicht geplant. Ich wollte immer einen Bauernhof mit etwas Land haben, um Esel am Haus zu halten und um im Rahmen der Selbstversorgung Obst und Gemüse anzubauen. Dass der Hof 10 ha Land mitbrachte, war ein Glücksfall. Wenn jetzt die Flächen da sind, sollten sie auch sinnvoll bewirtschaftet werden und so kam ein Tier nach dem nächsten. Es dauerte nicht lange, da war der Hof voll belegt mit Tieren aus dem Tierschutz.
Lars: Auch müssen wir sagen, dass wir uns auf ein Abenteuer eingelassen haben und es so, wie es heute ist, nicht einmal ansatzweise bei uns in den Köpfen geplant war. Aber das Leben ist bunt und wir haben uns darauf eingelassen, auch wenn es nicht immer einfach ist.
Wie lange hat es von der Idee bis zur Umsetzung gedauert?
Verena: Den Hof haben wir Ende 2017 übernommen und im ersten Jahr hauptsächlich das Haus renoviert. Ende 2018 kam unser erstes Tierschutztier zu uns. Der Vorbesitzer hatte seine Schafe, Hühner und Katzen auf dem Hof gelassen. Den Tierschutzverein Tierwohl e.V. haben wir 2019 als Förderverein für Meyers Hof gegründet, da war die Tieranzahl schon fast bei 100 Tieren. Seitdem wächst und gedeiht der Hof sowie auch der Verein.
Wie schafft ihr es jetzt, den Lebenshof zu führen und Permakultur zu betreiben? Wie viele Menschen helfen euch?
Verena: Wir schaffen es gar nicht. Es war unser großes Ziel Permakultur oder eine soziale Landwirtschaft – eine Solawi – aufzubauen und wir waren auch schon im Öko-Siegel Zertifizierungsverfahren. Irgendwann kam der Punkt, an dem wir uns eingestanden haben, dass das alles zu viel ist für den Anfang. Außerdem passten wir nicht in das System, denn dann hätten alle Tiere auch bio werden müssen. Und – da machen wir uns nichts vor – das würde nie funktionieren und darüber hinaus haben dabei viel Geld und Zeit verloren. Wir stehen immer noch voll hinter dem Prinzip der Permakultur, aber die Umsetzung ist für uns im Moment einfach nicht möglich. Für die Versorgung der Tiere haben wir ein tolles Team von 34 ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen, die nicht nur unermüdliche für die Tiere im Einsatz sind, sondern uns damit auch kleine Auszeiten verschaffen. Wir sind unendlich dankbar für jede dieser tollen Persönlichkeiten.
Wie finden die Tiere zu euch? Gibt es Gruppen in den sozialen Netzwerken oder wie läuft das? Kennt der eine die andere und die kennen dann wieder jemanden, der euch kennt?
Verena: Die Tiere kamen ursprünglich über die entsprechenden Gruppen in den sozialen Medien oder durch persönliche Kontakte zu uns, hier gibt es mittlerweile eine eingespielte Gemeinschaft an tollen Tierschützern. Da wir zurzeit keine Tiere mehr aufnehmen, versuchen wir bei der Vermittlung zu helfen, wenn wir nach einem Lebensplatz angefragt werden. Da funktioniert dieses Netzwerk relativ gut. Mittlerweile kontaktieren uns viele Menschen auch persönlich, da wir durch Social Media und Öffentlichkeitsarbeit, wie Besuchertage und anderen öffentliche Auftritten mehr Reichweite haben.
Lars: Das stimmt und es wird auch immer mehr und wir werden dem manchmal auch gar nicht mehr Herr. Es passiert viel im Hintergrund, was man nicht sieht – der sogenannte administrative Bereich. Es kommt schon mal vor, dass wir mehrere Anfragen für Tiere in der Woche bekommen. Da wird dann bei den ganzen Kanälen, über die wir erreichbar sind, auch leider mal etwas vergessen. Aber Verena macht da einen super Job und das bekommt oft zu wenig Anerkennung.
Auf dem Hof waren schon Tiere und nach und nach kamen die ersten Tiere zu euch. Ich kann mich noch daran erinnern, als die ersten Hühner in Not von „Rettet das Huhn“ zu euch kamen. Das hat mich echt geschockt und nach ein paar Wochen konnte man schon eine deutliche Veränderung erkennen. Was hat das mit euch gemacht? Wie hat sich eure Einstellung zu dem, was ihr esst, geändert?
Verena: Wir hatten am alten Haus schon Hühner von “Rettet das Huhn“. Diese Organisation holt Legehennen aus den Ställen von Eierproduzenten und vermittelt sie an schlachtfreie Privathaushalte. Hinter der Haltung von Legehennen steckt ein System, mit dem man sich beschäftigen sollte, wenn man wissen möchte, wo Lebensmittel herkommen. „Rettet das Huhn“ oder auch „Hühnerrettung NRW“ erklären die Hintergründe relativ gut auf ihren Webseiten.
Diese vorhandenen Hennen sind mit uns umgezogen und es sind immer wieder ein paar Hennen aus der Massentierhaltung dazu gekommen.
Diese ausgemergelten kleinen Wesen, ohne ein Gramm auf den Rippen, meistens ohne Federn, kommen mit ca. 12-16 Monaten aus einem Stall, der immer die gleiche Temperatur hatte, immer das gleiche Klima, meistens haben die Hühner noch nie Tageslicht gesehen, es ist laut, es herrscht durchgehend Stress. Sie konnten zu dem Zeitpunkt nicht Scharren, Sandbaden, picken oder sonstiges natürliches Verhalten ausleben, aber die meisten lernen das rasch, wenn sie in ihrem neuen sicheren zu Hause angekommen sind.
Alles an ihnen ist aufs Eierlegen gezüchtet, sodass dies auch einige Krankheiten mit sich bringen kann. Uns blutet jedes Mal das Herz, wenn ein Tier krank ist, es nicht lange lebt und wir versuchen uns damit aufrecht zu halten, dass jeden Tag, den sie als Individuum gesehen wurde, den sie in Freiheit gelebt haben und geliebt wurden, ein Segen ist.
Man hört und liest es immer wieder, dass Menschen, die auf Lebens- oder Gnadenhöfen wie dem euren arbeiten und helfen, anfangen, sich vegan zu ernähren, einfach, weil es nicht anders geht, weil das System der Tierhaltung so kaputt ist. War das bei euch auch so und könnt ihr das bei den Menschen, die hier auf dem Hof mithelfen, auch feststellen?
Verena: Wir beschäftigen uns schon lange damit, wo unsere Lebensmittel herkommen. Vegan sind wir mit dem ersten geretteten Schwein geworden. Wir konnten nicht das eine Schwein auf den Grill legen und das andere retten. Selbst Lars, der früher gerne Fleisch gegessen hat, hat von sich aus das Bedürfnis dazu gehabt. Wenn man mit den Tieren lebt, für sie lebt, entsteht ein ganz anderes Verhältnis zu den Tieren. Wir empfinden das System der Massentierhaltung, wie du schon sagtest, als kaputt. Wir versuchen auf dem Hof „bunt“ zu sein und alle Menschen willkommen zu heißen. Etliche der Helfer sind nicht vegan, wenn sie auf unseren Hof kommen. Haben sich aber natürlich schon mit dem Thema Tierhaltung etc. beschäftigt, sonst würden sie nicht zu uns kommen. Hier lernen sie die Tiere kennen. Erleben, dass jedes einzelne Huhn, jedes Schwein, Rind, Schaf, Ziege, Esel seinen eigenen Charakter hat und gerne leben möchte. Dadurch ändern sie ihre Einstellung zu tierischen Lebensmitteln. Wir distanzieren uns ganz klar von radikalen Veganern, sind generell gegen ein Aufoktroyieren von Einstellungen und Meinungen. Es muss sich was ändern in der Gesellschaft, aber dies ist ein komplexes Thema. Wir haben für uns entschieden, dass wir gerne bei den Kindern ansetzen und ihnen die Tiere näherbringen möchten, die sie sonst nur sehr abstrakt in Kunststoff eingeschweißt einkaufen und auf ihrem Teller wiederfinden. Wir denken, dass ein Aufrütteln der Gesellschaft durch Demos und radikalere Organisationen, die das System ändern wollen, nötig ist. Wir für unseren Teil gehen aber einen anderen Weg. Daher versuchen wir unsere persönliche Einstellung zum Veganismus etwas vom Hof zu distanzieren. Wir möchten die Tiere für sich sprechen lassen, wir erzählen nur die Geschichten dahinter. Jeder kann sich daraus mitnehmen, was er mag, kann Entscheidungen treffen etwas zu ändern. Kleine Dinge an der Wurzel, die wir als Verbraucher ändern können, liegen uns am Herzen.
Gab es bei euch einen Übergang von nur noch wenig Fleisch, dann vegetarisch und dann komplett vegan bzw. esst ihr manchmal noch vegetarisch, um – ich nenne es jetzt mal – sozial kompatibel zu sein? Also zum Beispiel, wenn man eingeladen ist oder weil es dann doch dieses Bedürfnis gelegentlich gibt, ein Stück Käse zu essen?
Verena: Den Ausdruck sozial kompatibel habe ich in dem Zusammenhang noch nie benutzt, beschreibt es aber relativ gut. Ich könnte allerdings nichts vom gleichen Grill essen, wo vorher Fleisch von einem Tier draufgelegen hat. Als ich vegan wurde, habe ich versucht, alles auf einmal zu kontrollieren. Kleidung, die vegan ist, auch wenn sie schlecht gepasst hat, Schuhe, die vegan sind, auch wenn ich mir Blasen gelaufen habe, Putzmittel im Haushalt, das Essen, Kosmetik. Ich habe mich schlecht gefühlt für die Dinge, die ich bereits besessen habe, das alles musste ich für mich erst einmal sortieren. Ich musste erst einmal damit klarkommen, dass vielleicht nicht alles auf einmal vegan geht und vielleicht auch nicht muss. Jeder muss da seinen eigenen Weg finden. Bei manchen Produkten ist es ganz einfach, auf vegan umzustellen und ich frage mich oft, warum tierische Produkte in Kosmetik oder Reinigungsmittel sein müssen, aber letztendlich muss es einem selber dabei gut gehen und man darf seine eigene Gesundheit nicht aufs Spiel setzen, um ein ethisches Ziel zu erreichen, auch nicht die psychische Gesundheit.
Um zurück zu deiner Frage zu kommen, ich habe früher nie so gerne Fleisch gegessen, war auch mal eine Zeit lang vegan in der Schule, bin dann aber ständig ohnmächtig geworden, weil es wenig Ersatzprodukte gab und ich nicht das Wissen durch Internet, Social Media und reale Menschen vermittelt bekommen habe, was der Körper braucht. Heut sind wir da ja schon Meilen weiter. Ich habe eine Zeit lang Paleo gegessen, diese Ernährung beinhaltete Fleisch, nicht viel und qualitativ hochwertig, aber im Nachhinein eben“ totes Tier“. Zu der Zeit habe ich viel CrossFit und Yoga gemacht und in der Kombination war es damals die beste Ernährung für mich, ich fühlte mich damit gut.
Lars: Bei mir war es definitiv das Bewusstsein, wie wir die Lebensmittel herstellen und was wir den Tieren damit antun. Ich habe Fleisch sehr gerne und in jeder erdenklichen Art gegessen. Aber auch die tierischen Erzeugnisse wie Milch, Käse oder Eier waren seit vielen Jahrzehnten Teil meiner Ernährungsroutine. Daher ist es absolut die Einstellung zum Umgang mit dem Leben der Tiere und nicht mal der Geschmack. Denn auch heute noch sind viele Alternativen nicht lecker. Aber sie ermöglichen den ersten Schritt in die richtige Richtung. Denn es ist einfacher, den veganen Käse aufs Brot zu legen, als ganz neue Essgewohnheiten einzuüben. Wenn man dann richtig vegan lebt und isst, dann sieht das Kochen und auch der Kühlschrank komplett anders aus als bei einem Haushalt mit tierischen Produkten.
Was meint ihr, gibt es Möglichkeiten, etwas an dem System der Produktion tierischer Lebensmittel zu ändern oder ist der einzige Weg, dass wir uns komplett vegan ernähren oder zumindest hauptsächlich vegan? Es betrifft ja alles Bereiche: Fischfarmen, Eierlegebatterien, Milchproduktion und Tierhaltung.
Verena: Einiges habe ich ja schon zuvor dazu gesagt. Jeder muss seinen Weg finden. Ich denke, es sollten pflanzenbasierte Lebensmittel der Hauptbestandteil der Ernährung sein.
Wobei zu sagen bleibt, auch vegan kann man sich ungesund ernähren.
Lars: In Gänze gibt es keine gute Form des Ausnutzens oder des Tötens von Lebewesen. Also wäre der einzig richtige Weg als Gesellschaft, auf eine pflanzliche Ernährung gesellschaftlich zu wechseln.
Falls ihr positive Beispiele von guter Tierhaltung habt, wäre meine Frage: Habt ihr Mut machende Beispiele für eine bessere Landwirtschaft?
Verena: Durch Lars‘ Ausbildung zum Landwirt im Nebenerwerb hat er da tiefere Einblicke. Einige Bauern aus der konventionellen Landwirtschaft stehen uns bei den Tieren mit Rat und Tat zur Seite, die haben das Fachwissen seit Generationen. Ich denke da gerade an einen Milchviehbetrieb aus der Nähe…die haben viel geändert. Auch wenn sich an dem System, Befruchtung der Kuh, nach einer gewissen Zeit nach der Geburt der Kuh das Kalb wegnehmen, damit der Mensch die Milch trinken und verarbeiten kann, nichts geändert hat, empfinde ich die Haltung als gut. Der Bauer möchte, dass es seinen Tieren gut geht, sie liegen ihm am Herzen. Es ist sauber, kranke Tiere werden versorgt und geheilt. Kein Tier geht dort unter in der Masse. Ich denke, es gibt schwarze Schafe, aber eben auch viele weiße Schafe in dem Business.
Was ratet ihr denjenigen, die sich gerne veganer ernähren möchten, habt ihr Tipps für den Übergang? Wie sieht es bei euch mit Nahrungsergänzung aus? Vitamin B12 sollte man ja im Auge behalten, lasst ihr das regelmäßig überprüfen? Heutzutage werden die Tiere, die zur Fleischproduktion gehalten werden, auch mit Vitamin B12 von außen versorgt, da ist doch auch kein Vorteil mehr, wenn wir Fleisch deswegen essen, oder?
Verena: Es gibt so viele vegane Gerichte in anderen Kulturkreisen, z. B. Thai-Food, Orientalisches, da kommt gar kein Verzichtsgefühl auf. Erzwingen ist sowieso der falsche Weg.
Für tierisches Hack gibt es mittlerweile gute Alternativen. Da ist eine tolle Bolognese rasch zubereitet. Gleiches gilt für Butterersatz. Eierersatz gebe ich zu, ist noch etwas schwieriger… Man sollte mit sich nicht so streng sein im Übergang und auch danach nicht, denn Ernährung sollte etwas Positives für den Körper und die Seele sein.
Lars: Vor allem mit kleinen Schritten in die vegane Ernährung starten. Ein Helfer hatte sich letztes Jahr vorgenommen, nur 10 Mal Fleisch zu essen. Und was ist passiert, es waren gerade mal zwei Gerichte im ganzen Jahr. Das ist der Weg, kleine Veränderungen und die dann aber auch beibehalten. Denn wir reden hier von einer Änderung der Gewohnheit und das ist kein Sprint, sondern ein Marathon.
Lars, du bereitest dich auf deine erste Triathlon-Mitteldistanz vor, vegane Ernährung ist da kein Problem, oder wie läuft das bei dir?
Das ist in Gänze kein Problem. Aber der Energiemix (Eiweiß, Kohlehydrate & Fette) ist schon schwer zu meistern. Ich habe die Herausforderung, meinen Eiweißbedarf an den sehr aktiven Tagen zu decken. Denn es sind halt doch sehr viele Kohlenhydrate im Spiel und das ist für den Ausdauersport nicht so optimal. Aber will jetzt nicht zu wissenschaftlich oder zu detailliert werden. Doch ich kann gut mit Ergänzungsmitteln wie Eiweißpulvern, natürlich vegan, die Defizite kompensieren.
Welche Pläne habt ihr noch für den Hof? Wollt ihr die Permakultur noch erweitern, um eine Solawi (solidarische Landwirtschaft) daraus entstehen zu lassen oder ist momentan erst einmal euer Limit erreicht?
Verena: Ich denke, durch unsere Vollzeitjobs ist die Belastungsgrenze erreicht. Es gibt auch noch genug bei den Tieren zu tun. Das Hochwasser vom letzten Jahr hat uns einige Mängel an den baulichen Anlagen aufgezeigt, die wir immer noch beheben, zwei Ställe müssen noch umgebaut werden, die Weiden wieder aufgebaut werden…es bleibt genug zu tun.
Wir haben in den letzten Jahren angefangen, Kindergruppen aus Kindertagesstätten, Grundschulen und weiterführenden Schulen über den Hof zu führen und im Rahmen von z.B. landwirtschaftlichen Praktika die Versorgung und artgerechte Haltung der Tiere den Kindern näher zubringen. Ebenso möchten wir gerne Helfer als Tierschutzlehrer ausbilden lassen, um auch sie auf unserem Hof tätig werden zu lassen. Wir bauen auch das Angebot für unseren Abenteuer-Parcours auf dem Hof für Kindergeburtstage aus.
Von mir wäre es noch ein Traum, eines der etwas in die Jahre gekommenen Gebäude als Fachwerk neu aufzubauen, um dort kleine Veranstaltungen, wie Hochzeiten, Kreativkurse, etc. stattfinden zu lassen.
Lars: Oh ja, das wäre schön. Denn der Hof ist einfach magisch und das teilen wir auch gern. Denn das was wir hier haben, den Hof mit seinen Flächen und den Glückstieren ist etwas ganz Besonderes und das wollen wir sehr gern teilen und somit der Natur, den Tieren aber auch der Gesellschaft etwas zurückgeben. Ansonsten ist es so, wie Verena schon gesagt hat, wir haben den Fokus auf die Tiere und die Wissensvermittlung für den Umgang mit Hoftieren bei Kindern und jungen Erwachsenen.
Wer jetzt Lust hat, euch mit den Tieren zu helfen, wie kann dieser Mensch das am besten tun?
Verena: Bei uns sind immer gern monetäre Spenden gesehen, wir sind auch berechtigt Spendenquittungen auszustellen. Dadurch sind auch Kooperationen mit Firmen immer mehr gefragt.
Was wir auch immer gebrauchen können, sind Spenden von Baumaterialien oder Futter für die Tiere (hier kann gern eine Liste angefragt werden), wobei Möhren, Äpfel und Salat an Frischfutter, immer gut ankommen.
Ehrenamtliche Zeitspender sind unser Fundament, damit alles überhaupt funktionieren kann. Nach einer Einarbeitung durch uns und die anderen Helfer ist man da auch zeitlich flexibel und trifft auf ein tolles Team, wenn man möchte. Profikuschler werden auch immer herzlichen empfangen. Alles gern in zeitlicher Absprache mit uns. Die Kontaktdaten sind unten noch einmal aufgelistet.
Da dies ein Buchblog ist, habt ihr vielleicht zwei, drei Tipps zu Tierethik, Tierhaltung, veganer Ernährung oder Permakultur?
Verena: Kochbücher, die ich gut finde:
Vegan Foodporn von Bianca Zapata, ISBN 10-374231145X
Deftig vegan mediterran von Anne-Katrin Weber und Wolfgang Schardt, ISBN 10-395453231X
Und viele mehr.
Zur Herstellung von Lebensmitteln, nicht nur für Kinder geeignet:
Wo kommt unser Essen her von Julia Dürr, ISBN 978-3-407-75816-3
Zur Tierhaltung: Fachliteratur von Uni und Ausbildung, aber zum Thema Hühnerhaltung ist auch oft etwas in Büchern zum Thema Selbstversorgung beschrieben
Handbuch der Permakultur-Gestaltung von Bill Mollison (Autor)
Vielen Dank für das Interview und den Einblick in diesen Aspekt eurer persönlichen Ernährung, nachdem ihr Meyers Hof – vom Nutztier zum Glückstier gegründet habt!
Wenn du jetzt ganz begeistert bist und Verena und Lars unterstützen möchtest, sei es mit Zeit oder monetär, hier findest du mehr zu Meyers Hof und der Tierwohl e. V. und wie du Hilfe leisten kannst, um mehr Tiere zu Glückstieren zu machen:
- Website Meyers Hof
- Instagram Meyers Hof Lebenshof – Vom Nutztier zum Glückstier
- Facebook Meyers Hof Tierwohl e. V.
Vielleicht hast du ja Lust, eine Patenschaft für ein Tier zu übernehmen oder bei Arbeiten auf dem Hof zu helfen. Auf einem Bauernhof ist immer etwas zu tun und das Tolle ist, man lernt dort weitere Gleichgesinnte kennen.
In meinem Nachhaltigkeitskeitsimpuls Veganuary – Einfach mal mehr Grünzeug essen findest du viele Informationen rund ums vegane Leben.
Danke Antje, was für eine tolle Geschichte!
Sehr gerne, liebe Annette!
Und vielen Dank für deine Rückmeldung!
Liebe Grüße
Antje
Hallo zusammen,
Ihr habt euch für die Tiere so richtig ins Zeug gelegt. Hoffentlich findet ihr viele Gleichgesinnte, die euch unterstützen, das Thema im Kopf vieler Leute zu etablieren, einen Anstoß zu geben, über das eigene Essverhalten nachzudenken. Ich trage den Gedanken auch bei vielen Gesprächen weiter und hoffe, dass er die Menschen unterstützt, in eine andere Richtung zu denken.
Vielen Dank, dass du dich so einsetzt!
Liebe Grüße
Antje