Aktualisiert am 10. September 2023 von Antje Tomfohrde
Paradise Garden – für die 14jährige Billie ist das plötzlich nur noch eine Erinnerung, ihre Welt bricht zusammen. Elena Fischers Debütroman steht auf den Bestsellerlisten und wurde für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. Und wie es nun mal so ist, wird diskutiert, ob es zu Recht so gehypt ist oder nicht. Wie es mir gefallen hat, erzähle ich hier.
Worum geht es in Paradise Garden?
Billie lebt mit ihrer Mutter in irgendeiner Stadt irgendwo in Deutschland in einer Hochhaussiedlung. Geld ist immer knapp und Billies Mutter schafft es mit Müh und Not sich und ihre Tochter über Wasser zu halten. Eins schafft sie jedoch immer, sie hat die Gabe aus dem Kleinen etwas Großes zu machen und schafft es, Billies Leben immer wieder mit sonnigen Momenten zu fluten.
Bei einer Sache ist sie jedoch ganz verschlossen, Billie erfährt nie, wer ihr Vater ist.
Eines Tages reist die Großmutter aus Ungarn an und es wird alles anders, anstrengend, ungewohnt. Das Verhältnis zwischen Marika, Billies Mutter, und ihrer Mutter ist sehr kompliziert. Vieles ist ungeklärt zwischen den beiden Frauen und die Stimmung wird immer schlechter.
Dann passiert das Undenkbare, Billies Mutter stirbt und ihre Welt bricht zusammen. Sie begibt sich auf die Suche nach ihren Wurzeln, sie sucht ihren Vater.
Mein Eindruck vom Buch
Long story short: Paradise Garden hat mich umgehauen oder besser, die Sätze, die Sprache von Elena Fischer. Sie schafft es, das Schwere leicht zu machen in ihren Sätzen. Sie erzählt das Buch aus Sicht einer Vierzehnjährigen, was alles andere als einfach ist. Es ist die Zeit, in der sowieso gerade Körper und Geist auf einer Achterbahnfahrt ohne Pause sind. Und bei Billie, der Hauptperson des Buchs, wird noch einer der krassesten Loopings eingebaut, die dir in dem Alter passieren können – ihre Mutter stirbt.
Als Erwachsene ist es schon schwer, ein Elternteil zu verlieren, aber in dem Alter ist es ungleich schwerer. Um das zu verdeutlichen, lässt Elena Fischer Billie auch noch während der Beerdigung ihre erste Periode bekommen. Es sind diese Kleinigkeiten, die da Buch so lesenswert machen. Genauso ist es mit den Nebenfiguren. Sie malt sie so aus, dass ich mir sie als Leserin vorstellen kann. Billies Freundin Lea, die Kompliziertheit dieser Freundschaft, Ahmed, der Nachbar, der es schafft zu verbinden. Luna, die Nachbarin, die da ist und um die sich Billie und ihre Mutter genauso kümmern, wie sie sich um die beiden. Sie wartet auf ihren Durchbruch als Schauspielerin.
Es sind die liebevollen kleinen Momente von Billie und ihrer Mutter, die dem Buch Wärme geben. Die kleinen Überraschungen, die Marika ihrer Tochter bereitet. Man merkt, wie viel Herzblut darin steckt, es ihrem Kind schön zu machen. Sie spielen Urlaub, wenn die anderen in Urlaub fahren, aus einem Freibadbesuch wird eine schöne Erinnerung. Und genauso wie die schönen Momente fühlbar sind, macht Elena Fischer auch den Schmerz sichtbar.
Dass Billie nach der Beerdigung nur noch weg will, um ihren Vater zu finden, ist absolut verständlich. Die Geschichte geht ein bisschen in Richtung Road Trip und es wird kompliziert, aber es passt. Das Gute ist, in Paradise Garden werden keine Orte, kein Jahr, kein gar nichts genannt. Man kann etwas erahnen, aber muss sich nicht festlegen. Dadurch ist man nicht abgelenkt und kann sich voll auf die Geschichte konzentrieren.
Die Figuren im Buch behalten ihre Würde, es strahlt Wärme aus und jede Figur ist nicht nur schwarz oder weiß. Das verleiht dem Buch Tiefe, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag. Für mich ein absolutes Highlight und ich bin gespannt, was Elena Fischer noch schreiben wird!
Autorin: Elena Fischer
Erscheinungsdatum: 23. August 2023
Verlag: Diogenes Verlag
ISBN: 978-3-257- 07250-1
PS: Mein Buch ist ein kostenloses Rezensionsexemplar (unbezahlte Werbung), welches mir vom Diogenes Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Herzlichen Dank hierfür! Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
Falls du an einem weiteren Buch interessiert bist, dass die Suche nach den Wurzeln thematisiert, empfehle ich dir „Was Nina wusste“ von David Grossman.