Aktualisiert am 21. Februar 2023 von Antje Tomfohrde
In einer nicht allzu fernen Zukunft muss jede*r zwei Jahre lang auf der Mauer Dienst tun, um Großbritannien gegen Eindringlinge von außen zu verteidigen. Auch Joseph Kavanagh leistet dort seinen Beitrag und steht wie alle unter hohem Druck, denn wenn ein Eindringling durchkommt, werden diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt die Mauer verteidigt haben, auf dem Meer ausgesetzt.
Worum geht es in „Die Mauer“?
Großbritannien ist in einer nicht ganz so fernen Zukunft von einer Mauer umgeben. Diese Mauer wurde nach dem Wandel gebaut, um die Anderen draußen zu halten und Land und Bewohner zu schützen. Um diesen Schutz zu gewährleisten, muss jede*r in dieser Gesellschaft zwei Jahre Dienst auf der Mauer ableisten. Die Regeln sind hart, denn gelingt es den Verteidigern nicht, die Eindringlinge abzuwehren, werden sie dem Meer übergeben.
Mit diesem Wissen beginnt auch Joseph Kavanagh seine Dienstzeit auf der Mauer. Nach einer sechswöchigen Grundausbildung wird er seiner Einheit zugeteilt und muss nicht nur gegen die fortwährende Kälte ankämpfen, sondern auch gegen die Eintönigkeit seiner 12-Stunden-Dienste. Highlights sind nur die Pausen, in denen er sich mit den anderen Diensthabenden kurz unterhalten kann und die Wochen Urlaub zwischen den Diensten.
Es ist eine düstere Welt, der Meeresspiegel ist angestiegen und nach dem Wandel gibt die Mauer Schutz und die Menschen im Land haben genug zu essen und das, was für ein Leben nötig ist. Es gibt eine Art Oberschicht, die sogenannte Elite, die sogar Flugzeuge benutzen darf, um sich mit Mitgliedern der Oberschicht anderer Länder zu treffen, um über die Situation des Wandels und der Anderen zu sprechen. Eindringlingen, die es geschafft haben, ins Land zu kommen, wird die Möglichkeit gegeben, sich als Dienstlinge zu verdingen, damit ihre Nachkommen Bürger Großbritanniens werden können.
Josephs Dienst ist geprägt von immergleichen Tagen, einer intensiven Kameradschaft mit den anderen in seinem Trupp, einer zarten Liebesgeschichte und der andauernden Bedrohung durch die Anderen. Irgendwann passiert, was nicht passieren darf und es kommt zu einem Angriff, der nicht komplett abgewehrt werden kann und Joseph ist bei denjenigen, die auf dem Meer ausgesetzt werden.
Wie wird es weitergehen? Werden sie überleben? Wird es ein Zurück geben?
Wie hat mir das Buch gefallen?
Mit diesen Sätzen beginnt John Lanchester „Die Mauer“. Und diese Sätze wären ausreichend gewesen, um die Kälte zu beschreiben, aber Lanchester wiederholt es immer wieder, meist zusammen mit der Beschreibung des Dienstes auf der Mauer und das dieser unvermeidbar ist, eintönig und dass jede*r keinen Einfluss darauf hat, mit wem und wo er Dienst tun muss. Der Dienst muss einfach getan werden. Mit Sätzen wie „Die Zeit auf der Mauer ist ein Sirup“ unterstreicht er immer wieder diese Eintönigkeit. Den Sinn dahinter verstehe ich, allerdings wiederholt er es für mein Empfinden ein wenig zu oft und er hätte schon etwas früher als auf ungefähr Seite 40 mit der Geschichte anfangen können.
Der Roman ist in drei Teile unterteilt: „Die Mauer“, „Die Anderen“ und „Das Meer“. Klar, das im ersten Teil natürlich besonders viel über die Mauer und den Dienst dort geschrieben wird. Auch muss natürlich am Anfang viel Information über das Leben in dieser Welt geteilt werden. Allerdings ist der Autor mit Details, wie es zu dieser Welt und zu der Mauer kommen konnte, eher sparsam. Er spricht vom Wandel, was sich bestimmt mit auf den Klimawandel bezieht, denn der Meeresspiegel ist angestiegen und die Welt, die er beschreibt, scheint keine besonders schöne zu sein. Müsste sonst eine Mauer um eine Insel gebaut werden?
Hier wären mehr Informationen schon hilfreich gewesen und als Leser*in kann man sich die Zusammenhänge zusammenreimen. Die alte Generation hat Schuld an der Situation, so weit, aber nicht so gut. Es ist natürlich ein Vergleich mit der heutigen Situation, aber die Geschichte hätte hier mehr Qualität, wenn sie hier nicht so diffus wäre.
Es ist eine Gesellschaft, die durch Kontrolle geprägt ist, jede*r ist gechipt und unterscheidet sich so von den Anderen. Alles ist geprägt davon, das Land gegen die Anderen zu schützen und den (noch) vorhandenen Lebensraum zu schützen und nicht zu teilen.
Das Diffuse und teilweise Langatmige hat es mir am Anfang und auch am Ende ein wenig schwer gemacht, in die Geschichte hineinzukommen. Aber der Teil dazwischen ist spannend, so dass ich da wirklich eintauchen konnte und immer weiterlesen wollte, um zu erfahren wie es weitergeht.
„Die Mauer“ fängt ein wenig langatmig an, ist im mittleren Teil spannend und mitreißend und kann am Ende nicht ganz das Niveau es Mittelteils halten, ist aber durchaus ein Buch, dass ich empfehlen würde, wenn jemand eine spannende Dystopie sucht. Der Auto reibt es uns auch wunderbar unter die Nase, das wir gerade dabei sind, unseren Lebensraum für uns sehr ungemütlich zu gestalten und dass wir dringend handeln müssen, um eine solche dystopische Welt zu verhindern.
Autor: John Lanchester
Übersetzerin: Dorothee Merkel
Verlag: Heyne Verlag
Erscheinungsdatum der deutschen Ausgabe: 2019
ISBN: 978-3-453-42408-1
PS: Dieses Buch ist selbst gekauft und ich verlinke auf meine Buchhandlung hier vor Ort in Hohenlimburg, die Hohenlimburger Buchhandlung. Dort kann auch online bestellt werden, was auf jeden Fall eine Alternative zu den großen Online-Händlern ist. #SupportYourLocalBookShop
Ob mir ein Buch kostenlos als Leseexemplar zur Verfügung gestellt wurde, ich es geliehen, geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe – all dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension. Meine Rezensionen geben allein meine Meinung wieder, die ich mir während des Lesens gebildet habe.
Eine weitere dystopische Geschichte ist „Q In dieser Welt ist Perfektion alles“ von Christina Dalcher.